Eine kleine heruntergekommene Sockenfabrik in Uruguay ist der einzige Lebensinhalt des mürrischen Jacobo. Tagein, tagaus ereignen sich die gleichen Abläufe, herrscht trostlose Vertrautheit in den alten Fabrikräumen. Als der Bruder nach Jahren im Ausland zu Besuch kommt, spielt Jacobo ihm ein glückliches Leben vor, indem er seine langjährige Mitarbeiterin Marta als seine Frau ausgibt. Doch bei einem gemeinsamen Ausflug ans Meer bröckelt die Fassade. Es beginnt eine Reise in die Abgründe der menschlichen Seele, bei der sich enttäuschte Hoffnungen und Erwartungen sowie Sturheit, Stolz und Sehnsucht die Hand reichen. – Whisky ist eine Komödie von zarter Melancholie und hintergründiger Absurdität. Mit psychologischem Röntgenblick und im lakonischen Stil des Finnen Aki Kaurismäki erzählen die uruguayischen Regisseure Juan Pablo Rebella und Pablo Stoll von Menschen, die Chancen des Glücks verpassen, weil sie sich selbst mit einem hohen Maß an Sturheit, Schüchternheit, Pessimismus und Lethargie im Wege stehen. Zwar taut Marta im Laufe des gemeinsamen Ausflugs ein wenig auf und entdeckt ihre Attraktivität als Frau, doch die anhaltende Wortkargheit ihres Chefs hemmt auch sie, mehr Initiative zu zeigen. Die dargestellte Routine eines monotonen und dennoch Sinn spendenden Lebens, das Schweigen der Figuren sowie die subtil beobachteten Gesten verraten den Zuschauenden dabei mehr als die sparsam eingesetzten Dialoge.
Autor/in: Kirsten Liese, 01.05.2005