Auf dem Sterbebett vertraut eine russische Aristokratin ihrem Schwiegersohn Worobjaninow ein streng gehütetes Geheimnis an: In einem der zwölf Stühle ihrer alten Salongarnitur hatte sie ihren wertvollen Juwelenschmuck versteckt. Unverzüglich macht sich der Schwiegersohn auf die Suche nach dem Schatz. Weil die Stühle an den verschiedensten Orten verstreut sind, reist er quer durchs Land, unterwegs heftet sich noch ein Gauner an seine Fersen, der die Jagd nach den Brillanten energisch an sich reißt. Auch ein Pope, der das Geheimnis kennt, weil er der Sterbenden die letzte Beichte abnahm, macht sich als weiterer Rivale auf die Suche nach der Beute. Alle hetzen sie von Stuhl zu Stuhl, durchqueren halb Russland und werden in die amüsantesten Turbulenzen verwickelt. – Der populäre Schelmenroman "Zwölf Stühle" von Ilja Ilf und Jewgeni Petrow ist schon mehrfach als Lustspiel verfilmt worden. Ulrike Ottinger, die sich schon für ihren Dokumentarfilm Südostpassage in die Ukraine begab, gelingt erstaunlich mühelos die Verschränkung der Zwanzigerjahre des 20. Jahrhunderts im Roman mit der russischen Gegenwart, in der sich nur die Gerissenen und Skrupellosen nach oben arbeiten. Ihre Schatzsucher versuchen sich als Heiratsschwindler, Schachgroßmeister und Bettler und üben sich in der Reparatur rotblau karierter Plastiktaschen. Es entstand ein dreistündiger bilderprächtiger "Reisefilm", der tiefe Einblicke in die Geschichte Russlands gewährt und auf kongeniale Weise ethnografische Sorgfalt und humorvolle Verspieltheit verbindet.
Autor/in: Kirsten Liese, 01.01.2005