1938 trifft die neunjährige Liesel, deren Mutter als Kommunistin von den Nazis verfolgt wird, bei Pflegeeltern in einer süddeutschen Kleinstadt ein. Hans und Rosa Hubermann kümmern sich liebevoll um die verunsicherte Analphabetin. Vor allem der gutmütige Schildermaler Hans hilft ihr, endlich Lesen zu lernen. Mit großer Wissbegierde stürzt sich Liesel in die Welt der Literatur. Darin unterstützen sie auch der erkrankte junge Jude Max, den die Hubermanns im Keller verstecken, und der Nachbarsjunge Rudi, der sich in das Mädchen verliebt und ihre heimlichen Ausflüge in die Bibliothek der Frau des Bürgermeisters deckt. Kurz nachdem Max den Keller verlassen hat, werden die Hubermanns und Rudi bei einem alliierten Luftangriff im November 1942 getötet. 1946 sehen sich Liesel und Max wieder.
Aus dem 2005 veröffentlichten Roman des australischen Schriftstellers Markus Zusak, der darin Erinnerungen seiner deutsch-österreichischen Eltern verarbeitet hat, hat der Drehbuchautor Michael Petroni ein außergewöhnliches narratives Gestaltungsmittel übernommen: Der Tod fungiert als auktorialer Off-Erzähler. Ansonsten wird die bedächtige Geschichte, die zu großen Teilen in der sorgfältig ausgestatteten "Himmelstraße" spielt, weitgehend aus der Sicht Liesels erzählt. Im Vergleich zu anderen Filmen mit Kindern im Zweiten Weltkrieg vermeidet die Bestselleradaption, deutlich für ein englischsprachiges Weltpublikum inszeniert, Gewaltspitzen und brutale Darstellungen des Nazi-Terrors. Mit Hilfe einer gefühlsbetonten
Musik und der ruhigen
Kameraführung von Florian Ballhaus, der gerne auch Kranfahrten und die
Vogelperspektive nutzt, entsteht ein geradezu märchenhafter Erzählton. Dies zeigt sich auch in der Bibliothek, die für Liesel zum paradiesischen Zufluchtsort wird.
Im Deutschunterricht liegt ein Vergleich zwischen Roman und Film nahe. Wie wurde der Erzählstoff von fast 600 Seiten auf Spielfilmlänge gebracht? Wie unterscheidet sich der Tod als Erzähler von anderen literarischen/künstlerischen Personifizierungen des Todes? Im Fach Geschichte bietet es sich an, neben den Themen Bücherverbrennung und Berufsverbote die Geschichte Liesels mit dem Phänomen der Inneren Immigration in Verbindung zu setzen. Inwiefern bietet die Literatur eine Rückzugsmöglichkeit vor den Schrecken des Krieges? Auch aus ethischer Perspektive liefert der Film mehrere Ansatzpunkte zur Diskussion. Angesichts der Lebensgefahr, in die sich Liesel und ihre Pflegeeltern begeben, könnten die Schüler die Frage erörtern: Wie hätten sie sich verhalten? Wieviel Zivilcourage ist nötig, um in einer Diktatur Widerstand zu leisten und Verfolgten zu helfen?
Autor/in: Reinhard Kleber, 12.03.2014
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