Für die meisten ist die Pubertät die Vorhölle zum Erwachsenwerden. Auch für den 14-jährigen Hervé, der im französischen Rennes zur Schule geht. Täglich bestaunen er und sein arabischstämmiger Freund Camel die Fortschritte ihrer Mitschüler/innen im Fach "Zungenkuss". Nur Camel und Hervé kommen (vorerst) nicht zum Zuge. Ob das an Hervés Zahnspange oder an Camels Heavy-Metal-Vokuhila liegt? Als sich jedoch plötzlich die aparte Aurore für Hervé interessiert, gerät seine Welt völlig aus den Fugen.
Riad Sattouf, bislang in Frankreich als Comic-Zeichner bekannt, landete mit seinem Spielfilmdebüt in seiner Heimat einen Überraschungserfolg.
Jungs bleiben Jungs punktet mit Realitätsnähe und zeigt präzise die den Tanz der Hormone begleitenden Alltagskonflikte. Sattouf setzt bewusst auf durchschnittlich aussehende, aber überzeugende Laiendarsteller/innen. Pubertätstypische peinliche Situationen – etwa Kussstudien vor dem Spiegel oder Masturbationsszenen mit Socken – stehen im Mittelpunkt. Hervés Entfremdung von der toleranten, aber auch distanzlosen Mutter ist ebenso Thema wie jene Dümmlichkeit, die sich bei der Fixierung auf das andere Geschlecht einstellt. Sattouf stellt die Verwirrungen episodenhaft dar, seine Komödie endet unvermittelt, ohne dass es zum Eigentlichen, Hervés erster sexuellen Erfahrung, kommt. Allerdings hat er seinen ersten Liebeskummer überwunden und ist sich selbst ein Stück näher gekommen.
Hervés Körper verändert sich, ohne jedoch dem muskulösen Model auf dem Poster neben seinem Bett im Entferntesten zu ähneln. Sattouf zeigt diese Entwicklung ebenso augenzwinkernd wie die Schwierigkeiten, die die Jugendlichen auch im Sportunterricht mit ihrem Körper haben. Welche Prozesse durchlaufen den Körper tatsächlich während der Pubertät? Hier bieten sich Ansatzpunkte für den Biologieunterricht oder für das Fach Sexualkunde. Die Komödie vermittelt jugendliche Erfahrungswelten mit liebenswerter Schonungslosigkeit. Identitätsfindung, geschlechtertypisches Verhalten und die Rolle der Autoritätsfiguren sind Themen für den Sozialkundeunterricht. Allerdings dürfte die Komödie für Zuschauer/innen vor oder nach der Pubertät fast noch interessanter sein als für jene, die mitten drin stecken. Nicht jeder hat genügend Distanz, um über eigene peinliche Situationen lachen oder reden zu können.
Autor/in: Cristina Moles Kaupp, 28.06.2010
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