Die US-amerikanische Performance-Künstlerin und Gender-Aktivistin Diane Torr eröffnet Frauen in ihrem seit 1989 entwickelten Workshop
Man for a Day die Möglichkeit, vorübergehend in die Rolle eines Mannes zu schlüpfen. Eine solche in Berlin abgehaltene Veranstaltung begleitet die befreundete Regisseurin Katarina Peters mit der Kamera und vermittelt in Interviewsituationen die Motivationen der Beteiligten. Von der mehrfachen Misswahlen-Gewinnerin über eine dreifache Mutter bis zu einer Modedesignerin besuchen ganz unterschiedliche Frauen mit verschiedenen Vorstellungen den einwöchigen Workshop.
Der größte Teil von
Man for a Day spielt in dem Berliner Seminarraum, der Diane Torr als Basislager dient. Hier erhalten die Teilnehmerinnen männliche Kleidung und verwandeln sich äußerlich mit falschen Bärten, Penis-Attrappen und maskuliner Körperhaltung in Männer. Erhellend sind dabei die Kommentare der charismatischen Workshop-Leiterin über die gesellschaftlich konstruierten Verhaltensweisen der Geschlechter, die es zu hinterfragen gilt. Überhaupt spielt Diane Torr in dem behutsam erzählten und übersichtlichen Dokumentarfilm eine herausragende Rolle: Videomitschnitte aus früheren Workshops klären den Hintergrund der Performance-Künstlerin, so dass
Man for a Day auch einem Porträt von Diane Torr gleichkommt.
Für den Schulunterricht liefert die Dokumentation eine glänzende Vorlage, klassische Geschlechterrollen und deren gesellschaftliche Verankerung zu thematisieren. Was zeichnet Männer, was Frauen aus? In welcher Weise haben sich die Rollen von Frauen und Männern in den letzten Jahrzehnten verschoben? Welchen Zweck erfüllen diverse einstudierte Verhaltensweisen der Geschlechter und wie können diese abgelegt werden? In einem weiteren Schritt können Beispiele aus der Kultur für eine Analyse herangezogen werden, die die Geschlechterrollen in verschiedener Weise ausformulieren. So kann das Frauen- beziehungsweise Männerbild aus dem Werbefernsehen, diversen TV-Formaten oder zeitgenössischer Literatur für die Konstruiertheit diverser Verhaltensmuster sensibilisieren.
Autor/in: Christian Horn, 18.07.2012
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