Der Elektriker Svet-Ake alias "Herr Licht" ist in seinem kirgisischen Dorf ein geachteter Mann: Er stellt die Stromversorgung sicher und lässt angesichts der horrenden Preise für Elektrizität schon mal den Stromzähler seiner armen Nachbarn/innen rückwärts laufen. Dabei erfährt der Familienvater viel von den Sorgen der Dorfbewohner/innen. Als die Behörden seine Manipulationen aufdecken, verliert er seine Stelle. Nun widmet sich Svet-Ake der Idee, das Dorf mit billiger Windenergie zu versorgen. Dazu muss er sich mit dem dubiosen Geschäftsmann Bekzat arrangieren, der mit Hilfe des neuen Bürgermeisters ein lukratives Grundstücksgeschäft plant.
Die weiten Landschaftspanoramen und die Poesie der Erzählung erinnern an das Drama
Beshkempir – Der Adoptivsohn (Kirgisistan, Frankreich 1998), das dem kirgisischen Filmemacher Aktan Arym Kubat, der damals noch Aktan Abdikalikov hieß, vor 13 Jahren den internationalen Durchbruch bescherte. Sein nunmehr dritter Film ist dramaturgisch stringenter erzählt und bietet Dialogwitz sowie zahlreiche burleske Szenen mit skurrilem Humor. Variantenreich wird die Konfrontation von Tradition und Fortschritt gezeigt, beispielsweise wenn Bekzat alte Bräuche wie die Ziegenjagd auf dem Pferd zum Stimmenfang instrumentalisiert. Eine Atmosphäre meditativer Ruhe entsteht, wenn die Kamera intensive Zwiegespräche aus der
Vogelperspektive zeigt, etwa wenn Svet-Ake und der alte Bürgermeister über die Landflucht diskutieren.
Im Unterricht bietet die hintergründige Öko-Parabel Ansatzpunkte, um die Folgen von Kommerzialisierung und Globalisierung in Entwicklungsländern zu erörtern. Vor allem die Privatisierung der Energieversorgung lässt die Preise so stark steigen, dass die verarmten Dorfbewohner/innen sie kaum noch zahlen können. Warum scheitert in diesem Zusammenhang das angestrebte Bündnis zwischen Windkraftaktivist und Investor? Zugleich deuten die Bestechungsversuche des neureichen Oligarchen an, welche politischen und ökonomischen Umbrüche die Republiken der Ex-Sowjetunion erleben. Das Spannungsfeld von Idealismus und Fortschrittsglauben, ländlicher Beharrlichkeit und kapitalistischer Profitgier lädt ein zu einer Werte-Diskussion im Fach Ethik.
Autor/in: Reinhard Kleber, 12.04.2011
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