Hannah Maynhard ist Anklägerin am Kriegsverbrechertribunal in Den Haag gegen einen früheren Befehlshaber der jugoslawischen Volksarmee. Gorin Duric wird vorgeworfen, während des Kriegs die Ermordung bosnisch-muslimischer Zivilisten/innen verantwortet zu haben. Der Fall scheint verloren, als sich Hannahs Kronzeuge zu Prozessbeginn das Leben nimmt. Auf der Beerdigung in Sarajevo trifft sie seine Schwester Mira. Sie hat ein Vergewaltigungslager überlebt und ist nach Berlin emigriert. Hannah kann sie nach langem Widerstand überzeugen, vor dem Gericht gegen Duric auszusagen. Doch unmittelbar vor der entscheidenden Verhandlung versucht die Verteidigung, Miras Zulassung als Zeugin zu verhindern, und findet damit Unterstützung bei den Richtern.
Mit einer packenden Story und herausragenden Darstellern/innen erzählt
Sturm von den Schwierigkeiten bei der juristischen Aufarbeitung von Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien, die 2010 enden wird. Die Richter drängen auf schnellen Verfahrensabschluss, gleichzeitig laufen EU-Eintrittsverhandlungen für die jugoslawischen Nachfolgestaaten. Fast
dokumentarisch begleitet eine dynamische
Handkamera die komplexen Prozessabläufe in Den Haag, die mühsamen Protokollerstellungen, den strengen Zeugenschutz im Hotel. Im Zusammenspiel mit ruhigen Beobachtungen, zurückhaltender
Musik und einer stählernen
Farbgebung verbreitet sich eine unterkühlt wirkende Atmosphäre, aus der die Gefühle der Figuren umso eindringlicher hervortreten. Immer deutlicher kristallisiert sich die erschreckende Erkenntnis heraus, dass es weniger um Wahrheitsfindung und Gerechtigkeit, denn um diplomatische Absprachen und politisches Kalkül geht.
In der Verkörperung durch Mira und Hannah verleiht Regisseur Hans-Christian Schmid den Traumata der Opfer, persönlicher Zivilcourage und der Suche nach Gerechtigkeit ein Gesicht. Ihre intensive Charakterisierung und innere Authentizität laden zur emotionalen Teilnahme ein, wobei die spannungsreiche, aber auch leicht distanzierte Erzählweise Schüler/innen die Reflexion des Geschehens ermöglicht. Im Unterricht bietet sich zudem eine Diskussion der Verfahrensmechanismen und des Handlungsspielraums unabhängiger internationaler Rechtsinstitutionen an, ebenso die Thematisierung von Kriegstraumata und Vergangenheitsbewältigung.
Autor/in: Ula Brunner, 09.09.2009
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