In einem abwechslungsreichen Stilmix hinterfragt der Autor und Regisseur Konstantin Faigle den Stellenwert der Arbeit in modernen westlichen Gesellschaften. In seinem dritten langen Film geht er von der These aus, dass Arbeit vielfach den Charakter einer Ersatzreligion annimmt, die in Zeiten von Weltfinanzkrise, Rationalisierung, Globalisierung und Überschuldung immer wichtiger zu werden scheint. Licht- und Schattenseiten dieses Arbeitsbegriffs werden in Befragungen von Sozialhistorikern/innen, Volkswirten/innen, Philosophen/innen und anderen Experten/innen sowie in Straßenumfragen, persönlichen Reflexionen und kleinen Spielszenen erörtert.
Die Verschränkung von Dokumentation und Fiktion hat Faigle bereits in seinem Langfilmdebüt
Out of Edeka (Deutschland, 2001) und der essayistischen Dokumentation
Die große Depression (Deutschland, 2005) erprobt, um Muster des ländlichen Strukturwandels und der Wirtschaftskrise anschaulich zu analysieren. In seinem aktuellen Werk
Frohes Schaffen liefern einige Experteninterviews stichhaltige Argumente, die die Grundlagen des Kapitalismus in Frage stellen, während die fiktionalen Sequenzen exemplarische Figuren der Arbeitswelt präsentieren, die in Faigles Wohnort Köln-Ehrenfeld mit Lebens- und Sinnkrisen kämpfen. Dazu zählen ein depressiver Ingenieur, eine überschuldete Ladenbesitzerin und der Müßiggänger Jochen Picht, der sich selbst spielt. Im Bemühen, Abwechslung in die Reihe der
"talkings heads" zu bringen, schießt die schnelle
Montage jedoch stellenweise über das Ziel hinaus und schwächt die Wirkung vor allem der kritischen Expertenstatements, indem sie auf kurze Sequenzen aufgeteilt werden.
Frohes Schaffen bietet insgesamt einen guten Ausgangspunkt, um den modernen westlichen Arbeitsbegriff zu analysieren. Für den Sozialkunde-Unterricht liefert das im Film nur angerissene radikale Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens, das gut gelaunte Aktivisten/innen in Stuttgart propagieren, genügend Ansatzpunkte, um Alternativen zum bestehenden gesellschaftlichen Arbeitsmodell zu recherchieren. Das Beispiel eines Übungskaufhauses in Hamburg, in dem Arbeitslose mit Spielgeld Kaufvorgänge simulieren, wirft zudem die Frage nach einem verantwortungsvollen Umgang mit sozial Benachteiligten auf. Der Untertitel "Ein Film zur Senkung der Arbeitsmoral" legt eine Auseinandersetzung im Deutschunterricht mit dem Begriff der Satire nahe. Nicht zuletzt kann die im Film durch den Sozialhistoriker Benjamin Kline Hunnicutt aufgeworfene These "Arbeit ist keine anerkannte Religion, aber sie trägt alle Merkmale einer Religion" kontrovers diskutiert werden.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.05.2013
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