Außereheliche Sexualität ist im Islam streng verboten und auf Ehebruch steht die Todesstrafe. Doch wollen die wenigsten iranischen Männer monogam leben, deshalb schließen sie Zeitehen. Die Zeit- oder auch Lustehe ist eine alte schiitische Tradition, sie ist rechtlich legal aber tabuisiert. Eine solche Partnerschaft kann parallel zu einer traditionellen Ehe geführt werden und je nach Höhe des Brautgelds von 30 Minuten bis zu 99 Jahren dauern. Für die meisten Frauen ist sie die einzige Möglichkeit, finanziell über die Runden zu kommen. Viele Frauen kämpfen allerdings schon nach kurzer Zeit um eine Scheidung in einem Rechtssystem, das Frauen nur in besonderen Fällen das Scheidungsrecht zubilligt.
Sudabeh Mortezai porträtiert in ihrem
Dokumentarfilm Im Bazar der Geschlechter Frauen und Männer im Iran, die in den Hinterzimmern einer von Doppelmoral geprägten Heiratsindustrie den richtigen Partner oder die richtige Partnerin suchen. Die Filmemacherin verzichtet dabei auf
Kommentare und politische Hintergründe und lässt die Aussagen der Akteure/innen für sich sprechen. Dank Einsatz der
Handkamera bringt Regisseurin Mortezai den Zuschauer/innen die Menschen sehr nahe. Obwohl sie viele Begegnungen ihrer Protagonist/innen inszeniert, gelingen sehr authentische, glaubwürdige Szenen, begleitet von sparsam eingesetzten stimmungsvollen arabischen
Klängen.
Im Bazar der Geschlechter gibt intime Einblicke in das Privat- und Sexualleben von Menschen im Iran und vermittelt ein facettenreiches Bild der paradoxen iranischen Gesellschaft zwischen Repression und revolutionärer Aufbruchstimmung. Daraus ergeben sich viele Fragestellungen für den Unterricht: In welchen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens wird die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern sichtbar? Warum werden Frauen im Iran diskriminiert? Welche Rolle spielt die Polygamie im Islam? Zudem kann in diesem Zusammenhang analysiert werden, wie stark das Streben nach Emanzipation in einem Land ist, das nach der gescheiterten grünen Revolution nach wie vor Menschenrechte missachtet. Im Religions- und Ethikunterricht können Schüler/innen ferner diskutieren, inwiefern religiöser Glaube und der Koran das Intimleben der Menschen beeinflussen und dabei Vergleiche zwischen der islamischen, christlichen Kultur und anderen Religionen ziehen.
Autor/in: Kirsten Liese, 03.08.2011
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