Obwohl die Beweislage alles andere als eindeutig ist, wird Geum-ja als junge Frau wegen des kaltblütigen Mordes an einem fünfjährigen Jungen verurteilt. Hinter der kühlen und makellosen, beinahe engelsgleichen Fassade jedoch lodert das Verlangen nach Rache an dem Mann auf, der sie emotional erpresst und unschuldig hinter Gitter gebracht hat. Sorgsam beginnt Geum-ja einen genau durchdachten Plan in die Tat umzusetzen. Sowohl fürsorglich als auch äußerst skrupellos sichert sie sich im Gefängnis die Anerkennung und Dankbarkeit der anderen Häftlinge, deren Leben sie etwa durch eine Nierenspende rettet – oder durch die qualvolle Vergiftung einer autoritären Mitgefangenen erleichtert. 13 Jahre später, nach ihrer Rückkehr in die Freiheit, ist ihr die Hilfe der bereits entlassenen ehemaligen Sträflinge sicher. Geradezu besessen von der Vorstellung, als Todesengel selbst für Gerechtigkeit sorgen zu können, nutzt sie deren Fähigkeiten, um Kontakt zu dem wahren Kindermörder aufzunehmen und seine Bestrafung vorzubereiten.
Der südkoreanische Regisseur Park Chan-wook lotet mit dem abschließenden Teil seiner Rache-Trilogie erneut die Untiefen der menschlichen Psyche aus und erzählt von Selbstjustiz als Lösung und Erlösung. Wie in
Sympathy for Mr Vengeance (2002) und
Oldboy (2003) wird die Protagonistin schuldlos durch eine schicksalhafte Wendung zum Opfer von Gewalt und erliegt danach der Versuchung einer archaischen Vergeltung. Indem Park Geum-jas Rachefeldzug mit christlichen Motiven anreichert, überhöht er seinen Thriller zu einer religiösen Parabel, in deren Verlauf Geum-ja zwar ihr Ziel erreicht, aus menschlicher Sicht jedoch scheitert. Tatsächlich zeigt er darin eine gewisse Sympathie mit seiner tragischen Antiheldin, deren Vorgeschichte durch viele Rückblenden erst nach und nach offengelegt wird und somit die Zuschauenden in die unbequeme Lage bringt, ständig zwischen Mitgefühl und Ablehnung entscheiden zu müssen. Wie so oft verknüpft das populäre asiatische Genre-Kino auch in diesem Film Darstellungen extremer körperlicher Gewalt mit kunstvollen, teils sogar avantgardistischen Bildern und unterwandert moralische und ethische Grenzen. Die Leistung des Regisseurs besteht darin, sowohl das verfehlte Gerechtigkeitsempfinden als auch die Erwartungen und Motive, die sich hinter den Rachegelüsten verbergen, zu veranschaulichen. In Südkorea ist mittlerweile eine Fassung des Films erschienen, die allmählich von Farbe in Schwarzweiß wechselt und damit auch filmästhetisch den moralischen Abstieg Geum-jas kommentiert.
Autor/in: Stefan Stiletto, 05.01.2007