Marie Antoinette erzählt das Leben der gleichnamigen österreichisch-habsburgischen Prinzessin, die 1769 von ihrer strengen Mutter, der Kaiserin Maria Theresia, 14-jährig mit dem französischen Kronprinzen und späteren König Louis XVI. verheiratet wurde. Im goldenen Käfig von Versailles lernt die junge Frau eine Welt kennen, die von strenger Etikette und starren Rollenbildern bestimmt ist. Ihr schüchterner, ungeschickter Gatte macht keine Anstalten, seinen "ehelichen Pflichten" nachzukommen. Marie Antoinette aber steht unter großem Druck, möglichst bald einen Erben zu präsentieren. In ihrer Einsamkeit gibt sich das reiche Mädchen Vergnügungen hin, gönnt sich den Luxus, der für viel Geld zu haben ist: rauschende Feste, aufgetürmte Perücken, extravaganter Schmuck. Beim hungernden Volk macht sich Marie Antoinette deshalb zunehmend unbeliebt. Im Alter von 20 Jahren besteigt sie den Thron und bringt nach achtjähriger Ehe 1778 ihr erstes von vier Kindern zur Welt. Der Hof macht die Königin schließlich für die wachsenden Staatsschulden verantwortlich. Als 1789 die Französische Revolution mit dem Sturm auf die Bastille einsetzt, muss die Königsfamilie Versailles verlassen.
Sofia Coppola hat sich in ihrem Porträt von Marie Antoinette an der profund recherchierten Biografie der Bestsellerautorin Antonia Fraser orientiert. Der an französischen Originalschauplätzen mit aufwändigen Dekorationen gedrehte pralle Kostümfilm gibt einen glaubwürdigen Einblick in das Leben in Versailles am Vorabend der Französischen Revolution. Er wirft einen unvoreingenommenen Blick auf eine bedeutende historische Frauenpersönlichkeit, die in einem stark kodierten, ihr vollkommen fremden System gefangen war. In seiner einseitigen Perspektive ist der Film nicht unproblematisch: Sofia Coppola grenzt die Nöte eines hungernden Volkes, das sich allmählich zum Widerstand rüstete, gänzlich aus, um sich stattdessen vollends auf den Mikrokosmos Versailles zu konzentrieren. Dessen künstlerisch-ästhetische Umsetzung mag sicherlich nicht jedermanns Geschmack treffen und zu kontroversen Diskussionen anregen. Zudem liegen Welten zwischen der opulenten Bilderpracht jener Zeit, in der ein schrilles Pink vorherrscht, und einem von Stilbrüchen durchsetzten Soundtrack, der höfische Tanzmusik mit Punk und New Wave kombiniert.
Autor/in: Kirsten Liese, 07.11.2006