Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) zeichnet den Dokumentarfilm
Staasdiener von Marie Wilke mit dem Prädikat "besonders wertvoll" aus. Die Regisseurin begleitet vier angehende Polizeibeamte, zwei Männer und zwei Frauen, durch ihr erstes Studienjahr an der Polizeischule. Die Nachwuchspolizist/innen stürmen Wohnungskulissen, müssen in schwerer Montur in Formation marschieren und pauken Paragraphen. Simulation und Theorie bestimmen den Alltag. Die distanzierten Beobachtungen ermöglichen ungewöhnliche Einblicke in die Ausbildung. Im Praktikum bei der Bereitschaftspolizei stellt sich schließlich heraus, dass der Unterricht die Auszubildenden kaum darauf vorbereitet hat, was sie Tag für Tag auf Streife erleben.
In der Jurybegründung heißt es: "Die Langzeitbeobachtung von Marie Wilke vermittelt einen intimen Einblick in die Ausbildung junger Polizisten und in ihre Bewährungsproben im polizeilichen Alltag. Dabei konzentriert sie sich ganz auf das Erleben ihrer Protagonisten und verzichtet auf zusätzlichen Kommentar, Interviews oder Filmmusik. Die pure Beobachtung wirkt manchmal spröde, gewinnt aber gerade daraus ihren besonderen Charme. Die ausgezeichnete Kamera bleibt auch in schwierigen Situationen dicht bei den Protagonisten, ohne sie jemals bloßzustellen, sei es in angespannten Lerneinheiten oder bei unübersichtlichen Einsätzen. Gleichzeitig wahrt sie die nötige Distanz gegenüber den Menschen, mit denen sie es dabei zu tun bekommen. Keiner wird in diesem Film diskreditiert, aber viele Begegnungen erinnern in ihren desperaten Verhältnissen an Szenen aus einem Andreas Dresen-Film. In trostlosen Wohnbausiedlungen geht es immer wieder um nächtliche Ruhestörung, an Silvester kommt es zu einer Messerstecherei, und ein spärlich bekleideter Mann irrt in der Winterkälte umher. Mehrere dieser Szenen sind lang durchgehalten. Sie zeigen die Unsicherheit der Polizisten, sich im Einsatz angemessen zu verhalten, oder die Anspannung, als sie mit den Rettungssanitätern ein Treppenhaus hochsteigen und nicht wissen, was sie am Tatort erwartet.
Der Film bringt dem Zuschauer den Beruf des Polizisten näher, entzaubert ihn aber auch. Man entwickelt zunehmend Respekt und Hochachtung vor den jungen Menschen, die tagaus tagein in den Niederungen des menschlichen Miteinander dem Gesetz zur Geltung verhelfen. Der Alltag eines Staatsdieners gestaltet sich wesentlich prosaischer als die feierliche Vereidigung vermuten lässt. Meist geht es um Deeskalation und Verständigung, und manchmal wirkt ein energisches Wort dabei Wunder. Die jungen Leute vertreten das Gewaltmonopol des Staates, aber in vielen Details wird überraschend deutlich, dass es sich darum handelt, das menschliche Zusammenleben zu regeln, und dass der Staat letztendlich für die Menschen da ist.
Nicht zuletzt dokumentiert
Staatsdiener den Prozess des Erwachsenwerdens unter verschärften Bedingungen. Gerade am Beispiel der Hauptprotagonistin Kathrin Cruz, die im Laufe des Films immer mehr an Kontur gewinnt, wird deutlich, was es bedeutet, die Rolle der Polizistin einzunehmen und gleichzeitig eigene Überzeugungen zu bewahren und in das Handeln einzubringen. "
Eine vollständige Liste aller ausgezeichneten Filme befindet sich auf der Website der FBW.
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