Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) zeichnet
Seefeuer von Gianfranco Rosi mit dem Prädikat "besonders wertvoll" aus. Für die einen ist Lampedusa Heimat, für die anderen "die Insel der Hoffnung". Etwa 70 Seemeilen vor der Küste Tunesiens gelegen, ist die italienische Insel immer wieder das Ziel von Menschen, die über das Mittelmeer nach Europa flüchten. 400.000 Bootsflüchtlinge, so heißt es in einem Insert zu Beginn des Films
Seefeuer, sind in den letzten zwei Jahrzehnten dort, an einem der südlichsten Punkte der EU, gelandet. Schätzungsweise 15.000 Menschen, so eine weitere genannte Zahl, kamen bei der gefährlichen Überfahrt ums Leben. Die Dunkelziffer dürfte jedoch weit höher liegen, denn niemand weiß, wie viele flüchtende Frauen, Männer und Kinder tatsächlich im Mittelmeer ertrunken sind.
In der Jury-Begründung heißt es: "Es ist wahrhaft erstaunlich, wie wenig Zeigefinger Rosi im Filmaufbau benötigt, um ein Nebeneinander wie dieses zu schildern. Grundsätzlich besteht einer der großen Leistungen Gianfranco Rosis darin, jeden offensichtlichen Kommentar zu vermeiden (seine Parallelstruktur ist Kommentar genug). Er zwingt uns damit dazu, uns mit der Tragödie zu beschäftigen und uns selbst ein Bild zu machen. Angesichts dieser parallelen Struktur und angesichts der zum Teil schwer auszuhaltenden Bilder von den Flüchtlingsbooten rüttelt der Film an den eigenen Positionen, und vor allem hinterfragt er die eigene Verantwortung. Samuele und die anderen Protagonisten werden zum Spiegel unseres Verhaltens in Westeuropa zwischen Machtlosigkeit und Ignoranz. Und weil dieses Verhalten vorherrscht, wird im sicheren, reichen Westeuropa über Zahlen und Herkunftsländer, über Bleiberecht und Fluchtmotivationen debattiert. In Rosis Film ist angesichts der Bilder all das nicht von Interesse. Rosi ist nahe an die Menschen herangekommen, er gibt all dem Vagen, das wir aus den Medien zu kennen glauben, ein Gesicht.
Seefeuer ist gerade dank seines besonnenen und nicht-proklamatorischen Erzähltons ein enorm wichtiges Zeitdokument, das im täglichen Bilderurwald hysterischer Berichterstattung eine klaffende Lücke füllt."
Eine vollständige Liste aller ausgezeichneten Filme befindet sich auf der Website der FBW.
www.fbw-filmbewertung.com