Mit der Abschlussveranstaltung und der Verleihung der Preise im Gesamtwert von 56.500 Euro ging das 16. FilmFestival Cottbus (14. bis 18. November 2006) zu Ende. Über 16.000 Besucher/innen sahen die mehr als 100 Filme aus 23 Ländern und das umfangreiche Rahmenprogramm. Etwa 550 Fachbesucher/innen aus 26 Ländern waren in Cottbus akkreditiert. Zu ihnen zählten auch 132 Teilnehmende aus 17 Ländern, darunter die wichtigsten Branchenvertreter/innen der mittel- und osteuropäischen Filmwirtschaft, die
Connecting Cottbus – das filmwirtschaftliche Forum des FilmFestival Cottbus besuchten. Große Resonanz fand die von der DEFA-Stiftung und der Stiftung für das sorbische Volk geförderte umfangreiche Retrospektive Sorbischer Film.
Im Spielfilmwettbewerb erhielt der serbische Film
Sutra Ujutru (Morgen in der Früh; Serbien und Montenegro; 2006) von Oleg Novkovic gleich drei Preise und war damit der große Gewinner des Festivals. Neben dem Hauptpreis für den besten Film konnte der serbische Regisseur auch den erstmals verliehenen Cottbus ins Kino – Preis zur Förderung des Verleihs eines Festivalfilms sowie den Preis des Internationalen Filmkritikerverbands FIPRESCI entgegennehmen. Der Film liefert das sensible und eindringlich gespielte Porträt einer "verlorenen" Generation der heute 30- bis 40-Jährigen, deren Leben durch den Krieg und den Zerfall Jugoslawiens geprägt wurde, und erzählt die Geschichte eines Heimkehrers, der nach zwölfjähriger Abwesenheit in Kanada zu seinen alten Freunden nach Belgrad zurückkehrt. In seiner Konzentration auf das rein Private gewinnt der Film eine universelle Dimension, die ihn auch für den Verleihförderpreis besonders attraktiv machte.
Im diesjährigen Fokus des Festivals, der wieder von der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb gefördert wurde, standen aktuelle Filme aus Bulgarien und Rumänien, den neuen Beitrittsländern zur Europäischen Union. Während die beiden bulgarischen Wettbewerbsbeiträge bei der Preisvergabe jedoch leer ausgingen, wurden die beiden rumänischen Beiträge ausgezeichnet. In beiden geht es auf unterschiedliche Weise um die Revolution in Rumänien von 1989. Der Spezialpreis für die beste Regie ging an
Hîrtia va fi albastră (The Paper Will Be Blue; Rumänien 2006) von Radu Muntean und dokumentiert auf einer überwiegend privaten Erzählebene und in vielen statischen Bildeinstellungen scheinbar dokumentarisch die Orientierungslosigkeit der Ordnungshüter und der Armee unmittelbar nach dem denkwürdigen 22. Dezember. Mit dem Spezialpreis für eine künstlerisch herausragende Einzelleistung wurden die drei männlichen Hauptdarsteller des rumänischen Beitrags
A Fost sau n-a Fost? (12:08 East of Bucharest; Rumänien 2006) von Corneliu Porumboiu geehrt. Dieser medienkritische Film stellt in Form einer unterhaltsamen Satire die Frage, ob die Revolution auch die Provinz erreicht hat und wie sie 16 Jahre später in den Köpfen der Menschen in Erinnerung geblieben ist, eine Frage, die sich schnell zur grundsätzlichen Reflektion über das Verhältnis von historischen Ereignissen und ihrer medialen Vermittlung ausweitet. Auch der Hauptpreis im Wettbewerb Kurzspielfilm ging an einen Film aus Rumänien:
Lamoa cu Caciula (The Tube with a Hat; Rumänien 2006) von Radu Jude. Das Cottbuser Publikum zeichnete die kirgisisch-deutsch-französische Koproduktion
Sunduk Predkow (Kirgisische Mitgift) des kirgisischen Regisseurs Nurbek Egen mit dem Publikumspreis aus, eine etwas klischeehafte und farbenfrohe Komödie über den Culture-Clash einer jungen Französin, die ihrem Freund in die kirgisische Heimat folgt, um dort den Segen der Eltern für die Hochzeit zu erhalten. Von der Jury des internationalen Filmclubverbands FICC wurde der ungarische Film
Taxidermia von György Pálfi ausgezeichnet. Er stellt am Beispiel der historischen Abfolge der ungarischen Monarchie, des Kommunismus und des Kapitalismus in Form einer drastisch ausgeschmückten und schockierenden Parabel existenzielle Fragen zur Freiheit des Individuums in diesen jeweils auf ihre Weise als inhuman dargestellten Gesellschaftsordnungen. ht
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