Ein schwäbisches Provinznest in den 1970er-Jahren. Die 20-jährige Manuela verlässt ihr erzkatholisches Elternhaus, um an der Universität Tübingen ein Lehramtsstudium zu beginnen. Nur widerstrebend hat die dominante Mutter ihre Zustimmung zu einem „Probesemester“ gegeben, denn ihre Tochter leidet seit früher Kindheit an Epilepsie. Im Wohnheim freundet sich das tiefreligiöse Mädchen mit einer ehemaligen Schulkameradin an. Zum ersten Mal steht Manuela auf eigenen Füßen und lernt durch Hanna ein ganz anderes, unbekümmertes Leben kennen. Auf einer Party verliebt sie sich in Stefan und die beiden werden ein Paar. Doch trotz der Medikamente hat Manuela epileptische Anfälle; zudem hört sie Stimmen. Dass sie psychisch krank ist, fällt zunächst niemandem auf. Manuela verliert sich zunehmend in einem religiösen Wahn und glaubt schließlich, sie sei von Dämonen besessen. Auf ihrer Suche nach Hilfe gerät sie schließlich an einen jungen Pfarrer, der ihre "inneren Teufel" austreiben will.
Zurückhaltend und dennoch eindringlich erzählt
Requiem die Geschichte einer jungen Frau, die nach und nach den Bezug zur Wirklichkeit verliert. Sorgfältig verknüpfen sich die dramaturgischen Handlungsfäden bis allmählich die Hintergründe dieses tragischen Realitätsverlustes erkennbar werden: die angeschlagene Beziehung zur Mutter, die die Emanzipationsversuche ihrer Tochter bösartig torpediert; der schwache Vater und der hilflose Freund, die Manuela nicht entschieden genug zur Seite stehen; ärztliches Versagen, religiöser Irrwahn und nicht zuletzt Manuelas willige Bereitschaft, an ihre höhere Bestimmung als christliche Märtyrerin zu glauben. Der Film
Requiem basiert auf einem realen Vorfall aus den 1970er-Jahren und endet, bevor der eigentliche Exorzismus beginnt. Regisseur Hans-Christian Schmid geht es nicht um ein effekthascherisches zur Schau stellen von Austreibungsritualen, sondern um ein beklemmendes Psychogramm einer Tragödie, die eigentlich vermeidbar gewesen wäre.
Autor/in: Ula Brunner, 21.10.2006