Danzig 1961. Die Kranführerin Agnieszka, mehrfach ausgezeichnete "Heldin der Arbeit", macht den Leitern der Danziger Lenin-Werft das Leben schwer. Kurze Pausen, schlechtes Essen und fatale Schlampereien im Arbeitsschutz – kein Missstand, den die resolute kleine Frau nicht schonungslos anprangern würde. Es sind die Missstände des sozialistischen Polen. Viele leiden unter ihnen, doch nur wenige zeigen so viel Mut wie Agnieszka. Die Reaktion bleibt nicht aus. Ihrem unehelichen Sohn wird der Studienplatz verwehrt, er wendet sich erbittert von ihr ab. 1980 wird sie schließlich nach dreißigjähriger Werkszugehörigkeit fristlos entlassen. Doch mittlerweile hat Agnieszka Mitstreiter/innen gefunden, den aufsässigen Elektriker Lech und eine kleine Gruppe systemkritischer Intellektueller. Die Wahl des Krakauer Erzbischofs Karol Wojtyla zum "polnischen Papst" Johannes Paul II. gibt nicht nur der frommen Katholikin, sondern der gesamten Demokratiebewegung zusätzlichen Auftrieb. So folgt auf ihre Entlassung ein beispielloser Streik der Solidarität: Um Agnieszkas Wiedereinstellung zu erreichen, legen die 16.000 Beschäftigten der Leninwerft die Arbeit nieder. Das System wird in die Knie gezwungen. Am Ende zäher Verhandlungen steht die Gründung einer neuen, unabhängigen Gewerkschaft, die Geschichte schreiben wird. Ihr Name: Solidarnosc – Solidarität.
Mit einprägsamen Bildern erzählt Regisseur Volker Schlöndorff (
Die Blechtrommel, 1979) in
Strajk – Die Heldin von Danzig, wie eine einfache Frau aus dem Volk einen korrupten Staatsapparat ins Wanken brachte, was letztlich den Zerfall des gesamten Ostblocks einleitete. Sein Film beruht unter anderem auf den historischen Ereignissen des August 1980 und der Biografie der Solidarnosc-Mitbegründerin Anna Walentynowicz. Die Heldin der "friedlichen Revolution" taucht in Geschichtsbüchern nur am Rande auf. Hier erscheint sie als Agnieszka, im Elektriker Lech ist unschwer der berühmte Streikführer und spätere polnische Staatspräsident Lech Walesa zu erkennen. In chronologischer Fiktion nacherzählt, dient Agnieszkas ärmliches Leben als Folie polnischer Geschichte über mehrere Jahrzehnte. In Katharina Thalbachs ergreifender Darstellung der Hauptfigur setzt Schlöndorff eher auf starke Gefühle denn auf eine reflexive Auseinandersetzung mit den komplexen historischen Hintergründen. Überdeutlich ist die Absicht, Anna Walentynowicz und der Solidarnosc ein Denkmal der Dankbarkeit zu setzen. Unbestreitbar jedoch gelingt es Schlöndorff, ein wichtiges Kapitel polnischer – und europäischer – Geschichte publikumswirksam aufzubereiten. In Polen hat die deutsch-polnische Koproduktion bereits positive wie auch negative Resonanz erfahren. Unter anderem wehrte sich Anna Walentynowicz, im Film ein leuchtendes Beispiel zivilgesellschaftlichen Engagements, gegen die Vereinnahmung als "Heldin" und sah sich falsch dargestellt. Von rechtlichen Schritten ist sie jedoch mittlerweile abgerückt.
Autor/in: Philipp Bühler, 07.03.2007