1920 schließt sich der Ire Damien dem bewaffneten Widerstand gegen die britischen Besatzer in seiner Heimat an. Der junge Mann hat eigentlich eine hoffnungsvolle Karriere als Arzt in London vor sich. Doch als er Zeuge mehrerer ungerechtfertigter und extrem gewalttätiger Übergriffe von britischen Söldnern auf seine Landsleute wird, nimmt er Abstand von dieser Lebensplanung. Fortan kämpft er an der Seite seines älteren Bruders Teddy für die Befreiung Irlands. Der Abschluss des britisch-irischen Friedensvertrags im Jahr 1921 entzweit die Brüder: Teddy akzeptiert den Vertrag und den dadurch festgeschriebenen, anhaltenden Einfluss der Briten auf den neu gegründeten Freistaat Irland sowie dessen Teilung als ersten Schritt zu staatlicher Souveränität. Damien möchte im Untergrund weiterhin für die bedingungslose Unabhängigkeit seines Heimatlandes kämpfen. Im der Ratifizierung folgenden Bürgerkrieg stehen sich die Brüder als Todfeinde gegenüber.
Der britische Regisseur Ken Loach ist seit Jahrzehnten einer der bedeutendsten europäischen Regisseure und zudem einer der besonders politischen. Der bekennende Linke erzählt in seinen Filmen vom Kampf der Unterdrückten und Ausgebeuteten für bessere und gerechtere Lebensverhältnisse. In
The Wind that Shakes the Barley beleuchtet der Filmemacher die Entstehungszeit des bis heute nachhallenden (Nord-)Irland-Konflikts und des militärischen Teils der irischen Unabhängigkeitsbewegung IRA (Irisch Republikanische Armee), die erst im Jahr 2005 unter dem Druck der Bevölkerung den Terror beendete. Zunächst zeigt Loach den anglo-irischen Krieg (1919-1921) als äußerst unausgewogene und von beiden Seiten sehr brutal geführte Auseinandersetzung zwischen dem hochgerüsteten britischen Militär und kleinen, beweglichen, aus dem Hinterhalt agierenden irischen Guerilla-Gruppen. Doch dann konzentriert sich Loach zunehmend auf das Auseinanderfallen der irischen Widerstandsbewegung aufgrund unterschiedlicher individueller Vorstellungen und Interessen. Eindringliche, geradezu didaktische Szenen, in denen die Protagonisten/innen ihre Standpunkte in öffentlichen Orten wie der Kirche oder vor Gericht ausführlich und leidenschaftlich diskutieren, machen den Prozess von der eingeschworenen Gemeinschaft über die von den Besatzern durchaus forcierte Spaltung des irischen Volkes hin zum Bürgerkrieg deutlich. Im Zentrum der Ereignisse stehen die charakterlich grundverschiedenen Brüder Damien und Teddy und ihre ebenfalls gegenläufige persönliche Entwicklung. Besonders mit Blick auf den Irak-Krieg, der zu unkontrollierbaren Gewalteskalationen zwischen verschiedenen Volksgruppen geführt hat, ist Loach trotz des historischen Themas ein Film von erschütternder Aktualität und Allgemeingültigkeit gelungen.
Autor/in: Stefanie Zobl, 27.12.2006