Raimundas Eltern kamen vor vielen Jahren bei einem mysteriösen Hausbrand ums Leben. Seitdem schlägt sich die gestandene Frau mit ihrer inzwischen 15-jährigen Tochter Paula durchs Leben. Immerhin kann sie sich auf ihre Freundin verlassen, eine hilfsbereite Hure aus der Nachbarschaft. Ihre Unterstützung wird Raimunda auch dringend benötigen, denn eines Tages tötet die Tochter Raimundas derzeitigen Liebhaber in Notwehr, als dieser sich an Paula vergehen will. Zum Glück befindet sich im Parterre ihres Wohnhauses gerade ein leerstehendes Restaurant, das der Besitzer verkaufen möchte. Bis zur endgültigen "Entsorgung" versteckt sie die Leiche dort im Kühlschrank. In diesem Moment erhält sie das Angebot, für eine Filmcrew vor Ort das Mittagessen zu bereiten, was den Startschuss für ein florierendes Unternehmen bildet. Alles entwickelt sich nach Plan, bis plötzlich Riamundas tot geglaubte Mutter wieder auftaucht und das Leben der Frauen gehörig durcheinander bringt.
Mit reichlich schwarzem Humor, einem brillanten Drehbuch und einem im doppelten Wortsinn ausgezeichneten weiblichen Darstellerensemble hat die spanische Regie-Ikone Pedro Almodóvar ein schwieriges Thema außerordentlich unterhaltsam und elegant in Szene gesetzt. Was leicht zum missglückten Balanceakt zwischen derbem Humor und blankem Entsetzen geraten könnte, wird bei ihm zur echten Filmkunst in der Synthese von scheinbar disparaten Handlungs- und Genreelementen. Seine melodramatische Tragikomödie sprengt alle Fesseln, ist lustig und traurig zugleich, abgrundtief ernst und heiter, überdreht und sensibel, an den Haaren herbeigezogen und zugleich sehr realistisch. Hinter dem sexuellen Missbrauch von Raimundas Tochter entspinnt sich eine weitere, viel ältere und besonders folgenschwere Familientragödie, die der Beziehung zwischen Großmutter, Mutter und Tochter eine ganz neue Dimension hinzufügt. Formvollendet erzählt Almodóvar von starken Frauen und allzu schwachen Männern, von Schuld und Verantwortung, Reue und Demut, Liebe und Aufopferung. Zugleich verdeutlicht er, dass sich Familiendramen von Generation zu Generation weiterentwickeln, wenn sie einfach nur verdrängt werden.
Autor/in: Holger Twele, 19.10.2006