Eine irischstämmige amerikanische Wissenschaftlerin, die unglücklich mit einem Politiker verheiratet ist, der sie ständig betrügt, verliebt sich in einen libanesischen Chirurgen, der im Exil in London lebt und als Koch arbeitet. Die beiden Liebenden können in ihrer leidenschaftlichen Affäre zunächst alle kulturellen Unterschiede ausblenden und sich vorurteilsfrei über Gott und die Welt verständigen. Als der Libanese in Folge der Terroranschläge auf das World Trade Center im September 2001 von den Arbeitskollegen seiner Herkunft wegen immer mehr unter Druck gesetzt und gedemütigt wird, kommt es auch in der Beziehung zwischen den beiden zu einem heftigen Streit. Er beschließt, die Affäre zu beenden und kehrt nach Beirut zurück. Sie versucht die Beziehung zu retten und bietet ihm an, mit ihm nach Havanna zu fliegen. – Mit ihrem engagierten Liebesfilm über die nicht nur körperliche Annäherung zwischen einer typischen Repräsentantin der westlichen Welt und einem Araber versucht die britische Regisseurin, Performance-Künstlerin und Musikerin Sally Potter, der nach dem 11. September rasch zunehmenden Dämonisierung der arabischen Welt im Westen und der gleichzeitig grassierenden Welle von Hass gegen die USA auf der Ebene der Kunst etwas Positives entgegen zu setzen: ein eindeutiges "Ja" zur kulturellen Verständigung im privaten wie gesellschaftlichen Bereich. Sämtliche Dialoge der Liebenden sind leicht verfremdet und kaum merklich in jambischen Blankversen mit zehn Silben pro Zeile gehalten, um über dieses lyrische Stilmittel auch Dinge aussprechen zu können, die im normalen Dialog unglaubwürdig klingen würden. Zusätzlich kommentiert ein Dienstmädchen in der dramaturgischen Funktion des Chors im klassischen griechischen Drama die sehr privaten und intimen Ereignisse mit witzigen philosophischen Bemerkungen über die Natur von Schmutz aus einer distanzierten Sicht. Die ungewöhnliche Erzählweise des an Shakespearesche Traditionen anknüpfenden Dramas, zu dem Sally Potter sogar die Musik selbst produzierte und komponierte, mag zu Beginn etwas befremden. Wer allerdings bereit ist, sich ganz darauf einzulassen, wird hinter dem nicht in allen Einzelheiten nachvollziehbaren konkreten Beispiel auch das politische Allgemeine, das Wesentliche entdecken können – und das macht den Film auf jeden Fall sehenswert.
Autor/in: Holger Twele, 01.01.2006