Mittelalter in einem fernen Land. Auf Wunsch seines Vaters soll Schildknappe Tiuri mit 16 Jahren Ritter werden. Dabei fühlt er sich selbst dieser Verantwortung noch gar nicht gewachsen. Die Nacht vor dem Ritterschlag muss er gemeinsam mit anderen Anwärtern schweigend in einer Kapelle Wache halten. Strengstens ist es den Jungen verboten, die Tür zu öffnen. Doch dann erfleht von draußen jemand Hilfe und stürzt Tiuri damit in einen ernsthaften Konflikt – ist dies eine List, um die angehenden Ritter zu prüfen, oder befindet tatsächlich jemand in Gefahr? Tiuri entscheidet sich, seinem Gefühl zu folgen: Er öffnet die Tür und gerät damit in ein gefährliches Abenteuer. Im Auftrag des sterbenden Ritters Edwinem soll er dem König des Nachbarlandes einen wichtigen Brief überbringen. Seine Mission bringt Tiuri oftmals an den Rand seiner Kräfte. Doch im Kampf gegen die Roten Ritter und ihren skrupellosen Anführer Slupor findet er unerwartet Beistand in dem Jungen Piak.
Der gradlinig inszenierte Abenteuerfilm basiert auf dem preisgekrönten gleichnamigen Jugendbuch von Tonke Dragt aus dem Jahre 1962. Zwar weist Tiuris Heldenreise durchaus eine motivische Nähe zu Fantasyfilmen wie die
Der Herr der Ringe-Trilogie (Peter Jackson, USA 2001, 2002, 2003) auf, doch verzichtet
Der Brief für den König auf bildgewaltige Schlachten und mystische Welten. Regisseur Pieter Verhoeff inszeniert das mittelalterliche Ritterdasein realitätsnah, wenngleich die imposante Landschaft, die lichthelle, grau-blaue Farbgebung und die zurückhaltende Musik dem Film stellenweise etwas Traumhaftes verleihen. Trotz einiger Actionszenen liegt der Schwerpunkt auf der psychologischen Entwicklung von Tiuri, der an seiner Aufgabe wächst und dabei lernt, den eigenen Gefühlen zu vertrauen. Statt Konflikte mit dem Schwert auszufechten, hat er vor allem mit seinen Ängsten und Zweifeln zu kämpfen und besitzt damit auch für heutige Jugendliche genügend Identifikationspotenzial. Vertrauen, Freundschaft, Hilfsbereitschaft, Ehrlichkeit und Mut werden als positive Werte etabliert, so dass der Film zudem eine fruchtbare Diskussionsgrundlage bietet, um die Bedeutung dieser "ritterlichen Tugenden" für unsere moderne Gesellschaft zu hinterfragen. Mit einem spielfreudigen Darstellerensemble und einer sensiblen Inszenierung beweist
Der Brief für den König einmal mehr, dass eine spannende Abenteuergeschichte auch ohne aufwendige Schauwerte und Gewalt auskommen kann.
Autor/in: Kirsten Taylor, 07.11.2008
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