Der junge idealistische Priester Amaro wird von seiner Diözese in ein abgelegenes mexikanisches Bergdorf geschickt, wo er einen alten Kollegen unterstützen soll. Er stellt bald fest, dass in der Kirchengemeinde einiges im Argen liegt. Sein Vorgesetzter hat nicht nur eine heimliche Liebesaffäre, er benutzt auch kirchliche Fonds, um das dreckige Geld eines Drogenbarons zu waschen und von den Gewinnen ein neues Krankenhaus zu errichten. Ein anderer Priester unterstützt die Guerilla und lebt mit den Rebellen in den Bergen. Auch Amaro kann der Sünde nicht lange widerstehen. Seine Liebe zu einer 16-jährigen Schönheit stellt den Geistlichen vor Probleme, die mit keiner einfachen moralischen Lösung aus der Welt zu schaffen sind. Denn seine Geliebte wird schwanger und will ihn heiraten. – Filme haben immer mal wieder Kritik an der katholischen Kirche geübt, beispielsweise Antonia Birds Priester oder Peter Mullans Nonnendrama Die unbarmherzigen Schwestern . Mit Carlos Carrera entwirft erstmals ein mexikanischer Regisseur eine ebenso humorvolle wie intelligente und tragische Geschichte über kirchliche Machenschaften, Zölibat, heimliche Abtreibung, Doppelmoral, Bigotterie und Korruption. Beim einheimischen Publikum, immerhin zu 90 Prozent katholisch, erlebte Die Versuchung des Padre Amaro einen geradezu sensationellen Erfolg und wurde trotz massiver Proteste der Kirchenoberen zum Kassenschlager. Der Film beruht auf dem Skandalroman des portugiesischen Literaten José Maria Eva de Queiroz. Die Bischofskonferenz in Mexiko verurteilte ihn als "antikatholisches Machwerk" und "Sünde", "Lebensschützer" drohten gar mit einer Strafanzeige. In den umstrittensten Szenen verfüttert eine Dorfheilige eine Hostie an ihre Katze, der Pater und seine Gespielin lieben sich in einem Mariengewand. Carrera konterte, sein Film prangere die Kirche als Institution an, nicht die christliche Religion. Im westlichen Europa wird der Film jedoch kaum moralische Diskussionen auslösen, da die Konfliktstoffe bekannt sind. Allenfalls erzkonservative Katholiken könnten hierzulande daran Anstoß nehmen.
Autor/in: Kirsten Liese, 01.05.2003