Die Goldenen Zitronen, die schon recht ergraute (immerhin seit zwanzig Jahren bestehende) Punkband aus Hamburg, sind auf Amerika-Tour. Nicht nur, dass sie in der öden amerikanischen Provinz keiner kennt und in Jerrys Pizzaladen und anderen bizarren Locations auch niemand ihre konsequent deutsch vorgetragenen Songs versteht, die Jungs sind auch als Vorband des schizophrenen Rockstars Wesley Willis unterwegs. Wesley steht auf der Bühne, um gegen die Stimmen in seinem Kopf anzukämpfen – sein Krankenpfleger ist gleichzeitig der Tourmanager. Die Musik des übergewichtigen Schwarzen besteht aus den immer gleichen Akkorden, die er monoton in sein Keyboard drückt und mit Textbrocken wie "Osama Bin Laden" versetzt. Die Fans sind glücklich ob dieses perfekten Minimalismus. Der Kinozuschauer wird Zeuge einer verstörenden Show. Dazwischen geben sich die gealterten Zitronen dem Philosophieren über ihre Lebensträume und Karrieren hin. – Wesley Willis und die deutschen Punkrocker sind zwei Pole wie sie gegensätzlicher nicht sein könnten und doch kämpfen beide auf den Bühnen amerikanischer Kleinstädte um Anerkennung. Jörg Siepmann ist im Tourbus der Goldenen Zitronen mitgefahren und ihm ist ein Porträt von bedrückender Authentizität gelungen. In seiner entlarvenden Ehrlichkeit sorgte der Film bei der Berlinale-Premiere für aggressive Diskussionen, weil sich die Protagonisten provoziert fühlten. Der Film gibt ihnen keine Möglichkeit, sich länger selbst zu belügen. Wie durch einen vorgehaltenen Spiegel werden die "grauen Punker" durch die Kinoleinwand mit der rauen Wirklichkeit konfrontiert.
Autor/in: Dinah Münchow, 01.08.2003