Der 75-jährige US-amerikanische Professor Noam Chomsky ist nicht nur ein angesehener Sprachwissenschaftler, sondern auch ein engagierter Systemkritiker, der sich in vielen Vorträgen und Publikationen gegen die Heuchelei und Doppelmoral seines Landes gewendet hat, insbesondere wenn es um die Tragödie des 11. September und den "Kampf gegen den Terror" geht. Chomsky bringt die Anschläge in New York in direkten Zusammenhang mit den Interventionen der USA in Vietnam, Mittelamerika und dem Mittleren Osten, spricht von Kriegsverbrechen und Gewaltausübung der USA gegen die Zivilbevölkerung und fordert von der Regierung, sich endlich nach denselben moralischen Maßstäben zu richten, die sein Land von anderen Ländern verlangt. Der einfachste Weg, den Terrorismus zu stoppen, besteht für Chomsky darin, selbst nicht mehr daran teilzunehmen. Der große Zuspruch, den seine scharfsinnigen Analysen politischer Vorgänge in der Bevölkerung haben, liegt ohne Zweifel in seinem ungebrochenen Optimismus und seiner Überzeugung, dass trotz Angst und Terror in der Gegenwart die Welt durch Aufklärung, Faktenvermittlung und Engagement vieler Bürger/innen insgesamt zivilisierter als in der Vergangenheit geworden sei. – Die japanische Produktion beruht weit gehend auf Interviews, die Regisseur John Junkermann mit Noam Chomsky in Kalifornien und New York im Frühjahr 2002 nach dem Anschlag auf das World Trade Center und in Cambridge nach dem Irakkrieg gemacht hat. Unter rein filmischen Gesichtspunkten gibt die Dokumentation in ihrer Mischung aus öffentlichen Auftritten Chomskys und Interviewszenen zwar nicht viel her, umso mehr faszinieren die mahnenden Worte des charismatischen Gesellschaftskritikers, seine Besonnenheit und sein insgesamt positives und Mut machendes Weltbild, das dieses spannende Zeitdokument vermittelt.
Autor/in: Holger Twele, 01.06.2004