Hintergrund
Paul Rusesabagina
Paul Rusesabagina (links) und Don Cheadle als Paul im Film (Foto: Tobis Film)
Während des Völkermords 1994 in Ruanda rettete der Hutu-Hotelmanager Paul Rusesabagina 1268 Menschen, Tutsi und Hutu gleichermaßen, das Leben. Er gab ihnen Zuflucht im Hotel Mille Collines, das der belgischen Sabena-Hotelkette gehörte, und verhandelte geschickt mit den Milizen. Er überlebte die Massaker zusammen mit seiner Tutsi-Frau und vier Kindern, aber auch mit den meisten der Flüchtlinge, denen er im Hotel Unterschlupf gewährt hatte. Der britische Regisseur Terry George hat einen Spielfilm über seine Geschichte gedreht. Paul Rusesabagina war für diesen Film als Berater tätig.
Ausbildung und Aufstieg zum Hotelmanager
Paul Rusesabagina wurde am 15. Juni 1954 in Murama-Gitarama im Süden Ruandas geboren. Seine Eltern waren Bauern wie die meisten Menschen in dieser Gegend. Von 1962 bis 1973 besuchte er die Missionsschule der Siebententagsadventisten in Gitwe. Von 1975 bis 1978 studierte Rusesabagina Theologie in Kamerun. Anfang 1979 fand er eine Stellung als Portier in dem neu eröffneten Sabena-Hotel Akagera im Akagera National Park und sammelte umfangreiche Erfahrungen in der Tourismusbranche, im Hotelfach und im Catering-Bereich. Über die Schweizer Touristenberatung erhielt er schließlich einen Platz im achtsemestrigen Ausbildungsfach Hotelführung am Utalii College in Kenia, die er im September 1984 in der Schweiz abschloss. Nach seiner Rückkehr aus der Schweiz arbeitete Rusesabagina wieder für die Sabena-Hotelkette und fand eine Stellung als Assistent der Hotelleitung im Mille Collines Hotel von Kigali. In dieser Funktion war er vom Oktober 1984 bis November 1993 tätig, dann übernahm er die Leitung des ebenfalls in der ruandischen Hauptstadt gelegenen Diplomate Hotel.
Die Zeit des Völkermords
Während der 100 Tage des Völkermords 1994 kehrte Rusesabagina auf Bitten von Sabena ins Hotel Mille Collines zurück, nachdem der Leiter des Hotels, sein europäischer Kollege Bik, am 11. April 1994, vier Tage nach Beginn des Genozids, evakuiert worden war. Rusesabagina hingegen harrte dort während der gesamten Dauer des Völkermords aus. Er versuchte, wenigstens seine Familie außer Landes zu bringen, scheiterte aber bereits an den zahlreichen Straßensperren, die überall in der Stadt errichtet worden waren. In einem Interview mit Kerstin Kohlenberg (Die Zeit, 1.4.2004, Nr. 15) erklärte er, dass er den überlebenswichtigen Kontakt zur internationalen Gemeinschaft nach dem Kappen der Telefonleitung nur halten konnte, weil es noch ein weiteres Kabel für ein Faxgerät gab, das nicht an die Hauptanlage angeschlossen war. Die Milizen, die das Hotel mehrfach stürmen wollten und ihn immer wieder bedrohten, konnte er durch diplomatisches Geschick, Geschenke und vor allem durch ausgiebiges Reden überzeugen: "... Ich habe die Erfahrung gemacht: In der Sekunde, in der ein Mensch ein Gespräch akzeptiert, kann man nur gewinnen. Wer Verhandlungen akzeptiert, nähert sich der Vernunft."
Flucht nach Belgien
Als die Massaker im Juli 1994 mit der Einnahme Kigalis durch die Tutsi-Armee der Ruandan Patriotic Front (RPF) ein Ende fanden, kehrte Bik nach Kigali zurück und nahm seine Arbeit im Hotel wieder auf. Rusesabagina übernahm wieder seine Funktion im Diplomate Hotel und arbeitete dort bis September 1996. Als er merkte, dass sein Leben immer noch in Gefahr war, floh er mit seiner Familie nach Belgien. Heute ist Rusesabagina belgischer Staatsbürger und arbeitet als Transportunternehmer.
Autor/in: Holger Twele, 21.09.2006