Henry Nxumalo tritt 1951 als erster schwarzer Journalist in Johannesburg in die Redaktion der gerade gegründeten südafrikanischen Lifestyle-Zeitschrift "Drum" ein. Deren Eigentümer und Herausgeber, der weiße britische Landbesitzersohn Jim Bailey, möchte eine Marktlücke füllen und ein Magazin schaffen, das die überwiegend schwarze Bevölkerung Südafrikas anspricht. Nxumalo arbeitet zunächst als Sportreporter, doch schon bald treiben ihn die Ungerechtigkeiten des Apartheid-Staates immer häufiger dazu, auch die sozialen Missstände mit großer politischer Tragweite aufzugreifen.
Pressefreiheit
Unter Lebensgefahr recherchiert Nxumalo zusammen mit dem gerade mal 20-jährigen deutschen Fotografen Jürgen Schadeberg zum Beispiel, wie schwarze Arbeiter/innen auf einer Buren-Farm noch mit der Peitsche traktiert und wie schwarze Häftlinge in einem berüchtigten Gefängnis misshandelt werden. Dank seiner Artikel avanciert "Drum" schnell zum Sprachrohr der Regime-Kritiker/innen. Nxumalo selbst wird als "Mr. Drum" berühmt, erregt aber zugleich das Missfallen der Machthabenden, deren weiße Handlanger ihn und Bailey vor weiteren investigativen Aktionen zur sozialen Lage warnen. Als Nxumalo und Schadeberg aufdecken, dass die Stadtverwaltung plant, das lebhafte multinationale Viertel Sophiatown zu zerstören, in dem viele Schwarze leben und auch die Redaktion residiert, hat das Apartheid-Regime endgültig genug von den Unruhestiftern.
Biografische Schicksale im Zeichen der Apartheid
Diese authentische Geschichte bildet das Rückgrat von
Drum, dem zweiten Spielfilm des schwarzen südafrikanischen Regisseurs Zola Maseko. Er wurde 1967 im Exil geboren, wuchs in Swasiland und Tansania auf, gehörte dem "African National Congress" von Nelson Mandela an und studierte Film an der Hochschule im britischen Beaconsfield. Erst nach dem Ende des Apartheid-Regimes 1994 siedelte er nach Südafrika um und drehte dort seinen Debütspielfilm
The Foreigner über die Fremdenfeindlichkeit im Lande.
Drum erzählt als politisch engagiertes, aber formal konventionell gebautes und daher dramaturgisch auch etwas vorhersehbares "Biopic" eindeutig aus afrikanischer Perspektive, zielt aber offenkundig auf den Weltmarkt. Der Film reüssierte sowohl in und außerhalb von Afrika. Er gewann Anfang 2005 den "Yennenga", den wichtigsten Preis des Panafrikanischen Filmfestivals FESPACO in Burkina Faso, und eröffnete im gleichen Jahr das renommierte Münchner Filmfest. Masekos Bio- und Filmografie spiegeln die weit reichenden Folgen, die die Politik der Rassentrennung über Jahrzehnte hinweg für die schwarzen Bürger/innen Südafrikas hatte.
Ein "gallisches Dorf" in Johannisburg
Mit großer Sorgfalt in der Ausstattung lässt der Film das Lebensgefühl der 1950er-Jahre im quirligen Viertel Sophiatown wieder erstehen, dem einzigen Areal, in dem damals Schwarze, Inder, Chinesen und Weiße zusammenlebten. In der Ära des Alkoholverbots galt Sophiatown mit seinen Untergrund-Kneipen und Jazz-Clubs als heißestes Vergnügungsviertel Südafrikas. Auch der verheiratete Protagonist Henry, gespielt von dem afroamerikanischen Filmstar Taye Diggs, genießt das Leben in vollen Zügen. Umso dramatischer ist dann seine Entwicklung zum politischen Aktivisten: Obwohl ihn seine ängstliche Frau Moshidi wiederholt zur Zurückhaltung mahnt, lässt sich Nxumalo immer wieder auf riskante Recherchen ein. Die Regie macht am Schluss deutlich, wie weit der Arm des Regimes reicht: Der gedungene Auftragsmörder ist ein schwarzer Verräter, sogar einer, der Henry persönlich kennt und schätzt, ihn aber doch eines Nachts für Geld ersticht.
Mutige Vorbilder
Für heutige Zuschauende schildert Maseko in hinreichendem Umfang die Auswirkungen der Rassentrennung auf die Lebensumstände in Südafrika. Er zeigt beispielsweise, welche verdeckten Wege ein schwarzer Kollege Henrys und eine weiße Frau gehen müssen, um sich treffen zu können, denn sexuelle Beziehungen zwischen den Rassen sind streng verboten. Das Verhalten dieser Frau und die des britischen "Drum"-Herausgebers stehen stellvertretend für viele Weiße, die den offiziellen Regierungskurs missbilligten und sich für ein Miteinander der schwarzen Bevölkerungsmehrheit und der weißen Minderheit einsetzten. Das markanteste Beispiel für Toleranz und Völkerverständigung ist jedoch Jürgen Schadeberg, der am engsten mit Nxumalo zusammenarbeitet und mit ihm Höhen und Tiefen erlebt. Seine weiße Haut und sein deutscher Pass bewahrten ihn wahrscheinlich vor gravierenden persönlichen Folgen. Bis 1959 blieb er Fotograf bei "Drum", um dann in London eine internationale Fotografen-Karriere zu starten. Der wieder in Johannesburg lebende Schadeberg gilt heute als einer der wichtigsten Fotografen der Apartheid-Ära.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.11.2005