Das Interview führte Volker Sievert.
Regisseur Hironobu Sakaguchi mit Produzent Jun Aida (rechts)
Herr Aida, ist Final Fantasy die Zukunft des Kinos?
Ich hoffe, dass der Film – oder die Technologie, die wir entwickeln – Einfluss auf die Veränderungen der gesamten Film- und Unterhaltungsindustrie haben wird. Wenn z. B. digitale Filmprojektion in der Distribution etabliert wird, müssen wir einen Film nicht mehr mühsam auf Zelluloid kopieren und in alle Welt verschicken. Wir können ihn einfach per Satellit übertragen und so zwei verschiedene Versionen produzieren, eine für Erwachsene, die andere für Kinder. Und je nach Tageszeit oder Land würden wir mal die eine, mal die andere Version zeigen. Es wäre möglich, die Geschichte oder bestimmte Sequenzen verändern, um sie den Interessen unterschiedlicher Zuschauergruppen anzupassen. Um die Zuschauer zu locken, wären Trailer wöchentlich modifizierbar …
… der nächste Schritt wären dann interaktive Elemente …
Ich glaube nicht, dass die Leute im Kino wirklich interaktive Filme sehen wollen. Zu Hause per Internet oder im Fernsehen ist das eine andere Geschichte. Im Kino jedoch wollen Menschen etwas präsentiert bekommen. Sie wollen unterhalten werden, nicht der Unterhalter sein. Technisch wären interaktive Elemente genauso umzusetzen wie bei einem Videospiel. Aber Videospiele sind eine ganz andere Form der Unterhaltung. In einem Film hat man nur 100 Minuten zur Verfügung, er ist eine Einbahnstraße. Ein interaktiver Film könnte unendlich dauern. Ich persönlich möchte nicht mit 600 fremden Leuten einen Film verändern; ich möchte mit ihnen die Botschaft des Films teilen. Und das erfordert eine passive Position.
Sie haben bewusst auf das verzichtet, was der wichtigste Grund für Zuschauer ist, ins Kino zu gehen: Schauspieler. Ist das nicht ein Manko?
Nein. Der Trend geht meiner Meinung nach weg vom Kassenmagnet 'Star'. Anfang der 90er Jahre gab es Schauspieler, die einen Film aufgrund ihrer Bekanntheit zum Erfolg machten: Arnold Schwarzenegger, Sylvester Stallone oder Bruce Willis. Diese Leute sind jetzt nicht mehr so wichtig. Der Filmindustrie geht es trotzdem gut.
Jurassic Park hatte keine Stars – es waren die Effekte, die den Film so immens erfolgreich machten. Die Zuschauer wollen einen Film als Einheit genießen. Darsteller und Tricks müssen sich ergänzen, nicht gegenseitig im Weg stehen.
Dann ist eine digitalisierte Marylin Monroe nicht der nächste Schritt?
Das ist schon Realität. Es wäre ein Leichtes für uns, digitale Kopien von existierenden Schauspielern zu entwerfen. Aber dem wird nie jemand zustimmen. Und ein Film steht und fällt nun einmal mit seiner Geschichte, nicht nur mit seinen Computeranimationen. Das gilt für "real-life-action"-Filme ebenso wie für computergenerierte. Wenn die Story schlecht ist, ist der Rest nur ein Gimmick. Es ist wie ein Paket: Es kommt nicht nur auf die Verpackung an. Das Geschenk muss auch gut sein.
Herkömmliche Filme und Filme, wie Sie sie ersinnen, werden also in Zukunft nebeneinander existieren?
Natürlich. Allerdings müssen Filmemacher immer auf der Suche nach neuen Ideen sein. Wir dürfen nicht faul sein und immer dasselbe produzieren. Manche Regisseure mühen sich nicht mehr besonders, innovativ zu sein, sondern verlassen sich zu sehr auf die visuelle Kraft ihres Films und walzen das auf drei Stunden aus. Das ist ein Abturner. Ich sehe nicht, warum wir die Menschen nicht in 120 Minuten oder weniger unterhalten können. 40-minütige Actionszenen – wer soll das denn aushalten?
Mit freundlicher Genehmigung der Zeitschrift kulturnews