Das Interview führte Margret Köhler.
Was hat Sie zu diesem nicht ganz alltäglichen Thema inspiriert?
Ich war völlig platt, als ich in einem typischen Pub miterlebt habe, wie eine englische Mannschaft eine Meisterschaft verlor. Da heulten erwachsene Männer vor dem Fernseher wie Kinder. Ein interessantes Phänomen. Als Kontrapunkt habe ich ins Zentrum meines Fußballfilms ein indisches Mädchen gestellt.
Gibt es autobiografische Bezüge?
Ich habe selbst nie einen Fußball angerührt. Aber als junges Mädchen versuchte ich auch, Grenzen auszuloten und nicht das zu tun, was meine Eltern von mir erwarteten. Statt brav Chapattis zuzubereiten, gingen mir ganz andere Flausen durch den Kopf. Allerdings habe ich nie richtig revoltiert, sondern mir ganz vorsichtig einen Freiraum geschaffen und harte Konfrontationen vermieden.
Würden Sie einem jungen Mädchen raten, gegen alle Widerstände den eigenen Weg zu gehen?
Jede Heranwachsende muss über das Wie des eigenen Weges selbst entscheiden. Das Verhältnis zwischen Jess und ihrem Vater deckt sich stark mit dem zwischen meinem sehr toleranten Daddy und mir. Es gibt sehr viel strengere Väter in indischen Familien. Zwar weiß man als Jugendliche immer alles besser, aber ich halte nichts davon, den Kopf auf Teufel komm' raus durchzusetzen. Die Eltern wollen doch nur das Beste für ihre Kinder, warum dann nicht einen Kompromiss finden?
Ist die Erziehung in indischen Familien immer noch so streng?
Wir hängen an unseren Familientraditionen, dazu gehört, dass man auf Mädchen etwas mehr aufpasst, schon aus Gründen der "Moral". Aber im Gegensatz zu meiner Jugend genießen sie mehr Freiheiten.
Es geht wohl auch darum, seine Wurzeln nicht aufzugeben?
Wir müssen uns auf unseren kulturellen Background beziehen, sonst verlieren wir uns. Als Kind so zwischen sechs und ungefähr elf Jahren wollte ich nur Englisch sprechen, kein Wort Punjabi kam über meine Lippen. Dann zog meine Großmutter aus Indien bei uns ein, die kein Wort Englisch beherrschte. Also fing ich an, meine eigene Sprache zu lernen und zu lieben. Das Beste, was mir passieren konnte. Integration ist gut, aber keine Assimilation.
Ist es eigentlich realistisch, dass ein englischer Junge und ein indisches Mädchen wie im Film zusammenbleiben wollen?
Das wäre natürlich die perfekte Lösung. Doch bis zur gegenseitigen Akzeptanz ist es noch ein weiter Weg. Ich finde es wunderbar, wenn die Kulturen sich mischen und dennoch ihre Eigenständigkeit bewahren.
Wie haben Sie den Namen Beckham für den Titel bekommen?
Das war kein großes Problem. Beckham gefiel die Filmidee und wir erhielten schnell von seinem Rechtsanwalt die Erlaubnis, seinen Namen zu benutzen. Bei der Vorführung des fertigen Films amüsierten er und seine Frau sich köstlich.
Welcher Regisseur hat Sie beeinflusst?
Ich besuchte zwar nie eine Filmschule, bin aber immer ins Kino gegangen. Für mich ist Ken Loach der Größte, ich bewundere seine Integrität und mag den unbestechlichen Blick seiner Filme auf die Wirklichkeit.
Sie tendieren aber mehr zum Feel-Good-Movie?
Ganz bewusst will ich niemanden stimmungsmäßig herunterziehen und halte auch nichts von Zynismus. In Indien mögen wir Happy Ends.
Kick it like Beckham spiegelt meinen Blick auf die Welt wider. Ich kehre Probleme nicht unter den Teppich, aber lasse mir meinen Optimismus auch nicht nehmen. Es ist doch schön, wenn meine Filmfigur kämpft und gewinnt.