Einführung
Reiner Terror?
Amerika war geschockt, als wenige Jahre nach einem terroristischen Anschlag auf das World Trade Center ein Einzeltäter 1995 in Oklahoma in einem persönlichen Rachefeldzug ein Verwaltungsgebäude in die Luft sprengte und 168 Menschen tötete. War der Staat nicht in der Lage, die Bürger wirkungsvoll vor einem Terroranschlag zu schützen? Und lauerte der Feind nicht nur unter politischen Extremisten, sondern potenziell auch in jedem Mitbürger? Der Staat stand nun vor dem Dilemma, wirkungsvoll die Staatssicherheit zu gewährleisten, mit neuen Mitteln zur Verbrechensbekämpfung möglicherweise aber die Bürgerrechte und den absoluten Schutz der Privatsphäre zu gefährden.
Kurz hintereinander hat die amerikanische Filmindustrie drei Mainstream-Thriller auf den Markt gebracht, mit ganz unterschiedlichen Szenarien zu diesen möglichen Folgen von Terrorismus und Terrorismusbekämpfung für den Fortbestand der Demokratie.
In Der Staatsfeind Nr. 1 werden omnipräsente Überwachungsmittel zur Terrorismus- und Verbrechensbekämpfung durch den Machtmissbrauch eines Politikers, der einen politisch motivierten Mord verschleiern will, gegen einen unbescholtenen Bürger eingesetzt. Ausnahmezustand entwirft das Horrorszenario des Einsatzes der amerikanischen Streitkräfte gegen die eigenen Bürger, um eingeschleuste Terroristen, die delikaterweise früher vom CIA ausgebildet wurden, zu bekämpfen, wobei auch Methoden zum Einsatz kommen, die man bisher nur aus Politthrillern über Militärdiktaturen kannte (das Zusammenpferchen von Gefangenen im Stadion, Folter). Auch hier wird Missbrauch mit der Macht betrieben, versuchen einzelne Personen, rechtsstaatliche und demokratische Prinzipien außer Kraft zu setzen. Arlington Road schließlich zeigt, wie das gestiegene Misstrauen mancher Bürger in Justiz und Polizeiapparat sich nicht nur in einem Terrorakt entladen kann, sondern weitergehend zu einem allgemeinen Vertrauensverlust und grundsätzlichem Misstrauen gegenüber den Mitmenschen führt. Der Thriller mit politischem Hintergrund wird hier zum Psychothriller.
Autor/in: Holger Twele, 11.12.2006