Ein schmächtiger Junge unter der Dusche, seltsam geschlechtslos, selbstversunken, bis eine Horde lärmender Mitschüler jäh die friedliche Atmosphäre stört und ihn bedrängt. Ein anderer Junge taucht auf, geht dazwischen, gebietet dem Pöbel Einhalt, verhüllt den nackten Körper mit seinem Jacket ... Schon immer gab es zwischen dem zarten Foyle und dem resoluten Paul Prentice Zuneigung, eine besondere Verbundenheit. Nach fast 20 Jahren treffen sie sich wieder, ganz zufällig, nach einem Unfall. Karl ist inzwischen zu einer Frau, zu Kim geworden und hat gänzlich mit der Vergangenheit gebrochen, sich eine neue Identität erarbeitet, mit dem neuen, jetzt als richtig erlebten Geschlecht scheinbar seinen/ihren Platz in der Gesellschaft gefunden. Prentice ist immer noch der Troublemaker von einst, der nach einer Reihe von Gelegenheitsjobs nun als Motorradkurier sein Auskommen sucht. Machohaft lärmend haust er in einer verdreckten Bude, während Kim, die als Texterin von Glückwunschkarten arbeitet, ein kultiviert-gepflegtes Ambiente schätzt. Die beiden ungleichen Freunde versuchen, die alten Bande neu zu knüpfen – doch verwirrend sind die neuen Erfahrungen mit der Andersgeschlechtlichkeit des Gegenübers. Als Kim während eines liebevoll vorbereiteten Treffens in ihrer Wohnung den Prozess ihrer Frau-Werdung beschreibt, versetzt dies Prentice in Erregung. Er flüchtet verwirrt und liefert der Öffentlichkeit ein temperamentvolles Schauspiel mit obszönem Part, das ihn und Kim in Polizeigewahrsam bringt. Seine Randale zwingt auch Kim, die bisher alles tat, um nicht aufzufallen, aus ihrer Reserve. Nach anfänglicher Flucht bezieht sie Position, hilft damit Prentice vor Gericht und findet selbst zu neuer Stärke: selbstbewusst outet sie sich als postopperative Transsexuelle. Auch als eine Boulevardzeitung die Geschichte ihrer Geschlechtsumwandlung kolportiert, erlebt sie, dass Kommunikation und Courage sich auszahlen und Toleranz und Menschlichkeit sogar fördern: "Ich will nur eins dazu sagen, ok", lässt die wohlwollende Chefin Kim wissen, gerade als diese den Job wegen der Sticheleien ihrer Arbeitskolleginnen aufgeben will.
Der kleine Unterschied ist ein Film zum Thema Transsexualität, aber kein Film über Transsexuelle. Er betreibt keine Ausleuchtung ihrer psychischen Befindlichkeiten, liefert keine Darstellung von gewöhnlichen bis extremen Lebensentwürfen, keine Darbietung schillernder Existenzen und subkultureller Terrains, erweist sich weder als Underground noch als Provokation. Transsexualität dient ihm vielmehr als Folie für die kritisch-humorvolle Spiegelung verschiedener Geschlechter-Rollenbilder und damit verbundenen (vorwiegend männlichen) Rollenverhaltens und seiner gesellschaftlichen Konstitution. Von der Eingangssequenz bis zum Schlussbild beschäftigt sich der Film mit 'Männlichkeit', der er die transformierte 'Weiblichkeit' gegenüberstellt: das Bild der Frau als Bild des Mannes von der Frau. Entsprechend stereotyp reduziert gerät ihm denn auch mitunter die Konstruktion des Weiblichen, wohingegen er sich auf dem Terrain männlicher Kultur vielschichtiger und auch differenzierter zeigt: Im aufgeblätterten Katalog männlicher Typologien findet sich der Protagonist, der Unsicherheiten und Orientierungslosigkeit durch rüden Macho-Habitus und Aktivismus kaschiert, im Kreise seiner ledergewandeten und nach sexistischen Sensationen heischenden Motorradfreunde. Ein Taxifahrer dröhnt 'letzte Weisheiten' und spricht weibliche Kunden grundsätzlich mit "Süße" an, was auch die Polizisten tun, die ihre sexuelle Neugier mit einem Griff unter den Rock zu befrieden suchen. Ein aggressiver journalistischer Schmierfink sucht sich an auflagesteigernden Sexstories zu delektieren, und ein gewöhnlicher Army-Typ, dem seine Familie alles bedeutet, wird auf Grund seiner Zeugungsunfähigkeit plötzlich zum Schinder männlicher Rekruten. In diesem Kaleidoskop männlicher Modelle tauchen auch jene auf, die in der Verleugnung männlicher Geschlechtlichkeit ein durch Terror zu ahnendes Sakrileg sehen und jede Verunglimpfung des Kraft und Virilität symbolisierenden Genitals gleich mit einer Schlägerei beantworten, um ihre Männlichkeit doch noch unter Beweis zu stellen. Der immer schwul geglaubte Karl hat sich von all diesen Attributen der Männlichkeit getrennt – radikal und für immer, um sich als Kim auf die Suche nach einer neuen sexuellen Identität zu begeben. Nüchtern-sachlich werden die Fakten und Stadien dieses Verwandlungsprozesses, der körperlichen Umgestaltung eingestreut. Die Sphäre von verändertem Wahrnehmen, Erleben und Empfinden als Ausdruck einer weiblichen Kultur bleibt dabei jedoch zu schemenhaft. Wenn Prentice und Kim am Ende tatsächlich ein heterosexuelles Paar werden, die geschlechtliche Vereinigung keine 'technischen' Probleme aufwirft und das "War ich gut?" mit "Wie gut verträgst du eigentlich Kritik" gekontert wird, darf der Zuschauer in dieser Geschlechter-Komödie noch einmal schmunzeln, kommt ihm das doch alles sehr bekannt vor.
Autor/in: Michael Conrad, Frauke Wiegmann, 01.05.1997