Inhalt
Mit dem Anschluss Österreichs erlebt die jüdische Wiener Galeristenfamilie Kaufmann den Terror der Nazis. Rudi, langjähriger Freund des Galeristensohnes Victor, will in der SS Karriere machen. Er erfährt von einer Michelangelo-Zeichnung im Besitz der Kaufmanns und kollaboriert mit den Nazis, die das Kunstwerk konfiszieren und Mussolini zurückgeben wollen. Den Galeristen gelingt es, der SS zunächst unbemerkt eine Fälschung unterzujubeln, ihr Weg führt ins KZ statt ins Exil. Als der Betrug offenkundig wird, soll Rudi den KZ-Häftling Victor zum Verhör nach Berlin begleiten, ihr Flugzeug wird jedoch abgeschossen. Victor und der schwerverletzte Rudi überleben, tauschen Häftlingskleidung und SS-Uniform. Es folgen überraschende Rollenwechsel und Verwicklungen – bis der echte Michelangelo wieder im Besitz des überlebenden Teils der Galeristenfamilie ist.
Umsetzung
Dem Thema angemessen, in einer Mischung aus Ernst und Humor, aus historischem Drama, Krimi-Elementen und Nazi-Groteske, erzählt die spannungsreich vorangetriebene, in der Zeit zwischen 1938 und 1945 angesiedelte Fabel die Geschichte einer widersprüchlichen Freundschaft inklusive Täuschung und Verrat. Was mit Blick auf Beutekunst, Raub und Enteignung jüdischen Eigentums durch die Nazis als Zeitdrama mit dazugehöriger Ausstattung und Klischees beginnt, wird mehr und mehr zu einer absurd erscheinenden, augenzwinkernd erzählten Verwechslungskomödie. Ohne die inneren Konflikte der Protagonisten aus den Augen und sich ins Melodramatische zu verlieren, gelingt der filmischen Fiktion einschließlich unwahrscheinlichem Happy End eine ebenso unterhaltsame wie produktive Verwirrung gängiger Opfer- und Täterrollen-Zuschreibungen.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Die Erschließung von Fiktion und Figur des jüdischen Opfers als "Sieger", das in die Rolle des zum Feind gewordenen Freundes schlüpfen muss, um zu überleben, bietet thematisch wie filmsprachlich diverse Anknüpfungspunkte. Die Erarbeitung des mit Hilfe ergänzender historischer Kontextualisierung zwischen Opfer- und Täterrolle sowie eine Vertiefung der oben genannten Erzählformen ermöglichen z. B. eine Auseinandersetzung mit der Seriosität und Bedeutung satirisch-grotesker und komödienhafter Darstellungsmittel von NS-Filmen, wie sie uns von Ernst Lubitsch bis hin zu mehr oder weniger gelungenen jüngeren Filmbeispielen im Kino immer wieder begegnen. An der zentralen Rolle der Michelangelo-Zeichnung lässt sich deren filmdramaturgische Bedeutung für den Fortgang der Handlung und als Mittel zur Erzeugung von Spannung untersuchen.
Dieser Text ist eine Übernahme des
VISION KINO-FilmTipps.
Autor/in: Reinhard Middel, 14.07.2011, Vision Kino 2011.