Inhalt
Ein altes Haus mitten in der Natur, weit entfernt von der nächsten größeren Stadt, verspricht Hanna und Thomas neue Freiheiten. So verliebt ist das junge Paar, dass es dafür sogar aufwändige Renovierungsarbeiten in Kauf nimmt – obwohl Thomas handwerklich äußerst ungeschickt ist. Als Thomas' älterer Bruder Friedrich zu Besuch kommt, kann Thomas ihn nicht einfach abweisen. Friedrich durchlebt eine schwere Zeit, seitdem er erst seinen Job als Architekt verloren und ihn danach seine Frau verlassen hat. Wenig später stößt auch Augustine hinzu, Hannas Patenkind. Zunehmend belasten die Gäste die Beziehung zwischen Hanna und Thomas. Unterschiedliche Paarbeziehungen bilden sich, die zunächst nur aus gemeinsamen Meinungen bestehen und zunehmend auch die Gefühle durcheinander bringen.
Umsetzung
Sebastian Schipper greift in seinem Film die Themen des ersten Teils von Johann Wolfgang von Goethes
Die Wahlverwandtschaften auf. Mehr als um eine werkgetreue Adaption des Romans von 1809 jedoch geht es ihm um eine Modernisierung. So reduziert er die Handlungsstruktur der Vorlage auf ihr Gerüst und sucht nach Anknüpfungspunkten für eine moderne Neuerzählung. Aus dem weiträumigen Gelände des Adels zu Beginn des 19. Jahrhunderts wird so ein abgelegenes, baufälliges Haus auf dem Lande – übernommen wurde das Motiv der ständigen Umbau- und Renovierungsarbeiten, das sich sowohl im Roman als auch im Film symbolisch auf die Beziehungen der Figuren übertragen lässt. Spielen gesellschaftliche Veränderungsprozesse bei Goethe eine tragende Rolle, so konzentriert sich Schipper auf die psychologischen Entwicklungen der Paar-Experimente. Was als leichte, humorvolle und witzige Sommerkomödie beginnt, wendet sich schließlich zu einem ernsthaften Drama, in dem die Grundpfeiler einer Paarbeziehung und die Verlässlichkeit der Gefühle auf eine schwere Probe gestellt werden.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Mustergültig kann
Mitte Ende August im Deutschunterricht als freie Literaturadaption besprochen werden. Obwohl sie darauf verzichtet, Szenen der Vorlage identisch in Bilder zu übersetzen, bleibt sie dem Kerngedanken des Romans nah und wirkt zugleich aktuell und verständlich. Im direkten Vergleich kann erarbeitet werden, welche Entsprechungen Schipper für Goethes Themen ausgewählt hat und inwiefern diese den Schülern/innen plausibel erscheinen. Im Kunstunterricht lassen sich auf ähnliche Weise die visuellen Motive (wie Schauplatz, Natur, Renovierungen etc.) analysieren. Inhaltlich kann im Deutschunterricht zudem die verbale und nonverbale Kommunikation zwischen den Figuren sowie deren Entwicklung betrachtet werden. Anschaulich zeigt Schipper, wie leer oft Worte sind und wie bedeutungsvoll Blicke und Gesten.
Dieser Text ist eine Übernahme des
VISION KINO-FilmTipps.
Autor/in: Stefan Stiletto, 24.05.2009, Vision Kino 2009.