Mit Geschichten von unglücklichen Fluchtversuchen und modernen Wegelagerern in Polizeiuniform, schwerfälligen sozialistischen Baustellen, cleveren Diplomaten und fantasievollen Künstlern/innen schildert der Dokumentarfilmregisseur Gerd Kroske die Entwicklung der Autobahnen in der DDR. Mit seinen Protagonisten/innen beobachtet er zugleich die Folgen des politischen Systemwechsels für die Menschen und Landschaften des Ostens, wobei eher beiläufig politische Konflikte und ideologische Interessen beleuchtet werden. – Mit großem Sammlerfleiß hat Kroske Zeitzeugen/innen aufgespürt und zum Teil bisher unveröffentlichte Bild- und Tondokumente zur Transitüberwachung zusammengetragen, darunter heute kurios wirkende Lehrfilme der Grenzpolizei zur Festnahme von Republikflüchtlingen oder gar zur Abwehr von Terrorattacken. Zwischendurch erzählen die Interviewten bizarre Episoden und dramatische Geschichten, teils mit lakonischem Humor gewürzt, über das Bauen und Überwachen der Autobahn sowie die Untiefen der deutsch-deutschen Diplomatie. Leider ist es dem erfahrenen Dokumentarfilmer nur ansatzweise gelungen, die Materialfülle in eine schlüssige Erzählstruktur zu fassen. Zu episodisch plätschert der Film dahin, zu disparat wirkt das Puzzle der Statements und filmischen Fundstellen. Vor allem das jüngere Publikum, das die Zeiten des strengen DDR-Grenzregiments nicht aus eigener Anschauung kennt, dürfte sich stellenweise schwer tun, den auftretenden Personen genaue Funktionen und Berufe zuzuordnen. Zu kritisieren ist auch der Verzicht auf einen kritischen Kommentar, der die weißen Flecken in den Erinnerungen von DDR-Nostalgikern unreflektiert stehen läßt. Deren affirmativer Duktus hätte jedoch dringend einer ideologiekritischen Erläuterung bedurft.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.11.2004