Ein taubstummes Mädchen versucht ihren Klassenkameraden über die Körpersprache einen Gefühlszustand zu vermitteln, doch niemand errät, was sie meint. Ähnliche Kommunikationsstrukturen und damit einhergehende Missverständnisse ergeben sich, wie Michael Haneke in seinem neuen Film aufzeigt, offenbar auch im normalen Alltag, sei es in Partnerbeziehungen, zwischen den Generationen oder in der Begegnung mit Menschen aus anderen Ländern und Kulturen. Als ein junger Mann achtlos ein verknülltes Stück Papier in die Hände einer illegalen Einwanderin wird, führt dies zu einer Kettenreaktion, die das Schicksal mehrerer Menschen beeinflusst. – In fragmentarischen Episoden und Einzelschicksalen entwirft Haneke ein so poetisches wie sozialkritisches Portrait der gegenwärtigen Gesellschaft, das auf der kommunikationstheoretischen Annahme beruht: Man kann sich nicht "nicht" verhalten und jedes Verhalten hat Folgen. Ein sinnlich-intellektuelles Plädoyer gegen Vorurteile und einen bewussteren Umgang mit der Realität – auch der von Ausländern.
Autor/in: Holger Twele, 01.02.2001