Seit Huckleberry Finn und sein bester Freund Tom Sawyer den Schatz von Indianer-Joe gefunden haben, leben die Lausbuben in geordneten Verhältnissen. Huck wohnt mit der herzlichen Witwe Douglas, deren autoritärer Schwester und dem Sklaven Jim in einem schicklichen Haushalt, trägt feinen Zwirn und drückt die Schulbank. Eigentlich will der Junge aber viel lieber ein neues Abenteuer erleben. Da kommt der Besuch seines Rabenvaters gerade recht: Der Trunkenbold will den Schatz einstreichen, doch das Geld hat sein Sohn längst verschenkt. Kurzentschlossen flüchten Huck und Jim auf einem Floß in die Freiheit und geraten entlang des Mississippi in einige brenzlige Situationen.
Wie schon bei
Tom Sawyer (Deutschland 2011) zeichnet Hermine Huntgeburth auch für die Inszenierung des Nachfolgers verantwortlich. Erneut setzt die Regisseurin auf liebevolle Kostüme, eine aufwändige Ausstattung und sommerliche
Panoramen der vor allem in Brandenburg und Rumänien nachgestellten Südstaaten-Atmosphäre. Da Tom Sawyer nunmehr zur Nebenfigur avanciert und der Sklave Jim an seine Stelle tritt, verschiebt sich der dramaturgische Kern auf das Thema Sklaverei, die Huck als schreiende Ungerechtigkeit erkennt. Die nicht unbedingt leichte, aber kindgerecht aufbereitete Rassismus-Thematik entschärft der starbesetzte Familienfilm mit komischen Elementen wie vertrottelten Nebenfiguren und federt die Sozialkritik der Buchvorlage weitgehend ab.
Eine Besprechung der Twain-Verfilmung im Schulunterricht kann beim Wissen der Schüler/innen über Huckleberry Finn und die Gesellschaftsstrukturen im Amerika des 19. Jahrhunderts anknüpfen. Hiervon ausgehend können die Schüler/innen gemeinsam mit dem Titelhelden das System der Sklaverei hinterfragen, selbiges in den historischen Kontext einbetten und es mit Hucks Idee von Freiheit oder dem amerikanischen Traum kontrastieren. Twains Buchvorlage aus dem Jahr 1885, die mittlerweile in einer modernen Übersetzung verfügbar ist, kann für formale wie inhaltliche Vergleiche herangezogen werden. So stellt die an unsere Gegenwart angepasste Jugendsprache nur eine von vielen Änderungen dar, die den Originalstoff in die heutige Zeit und ein anderes Medium übersetzen.
Autor/in: Christian Horn, 19.12.2012
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