Die in die Jahre gekommene einstige Starschauspielerin Qing Li sehnt sich nach Jugend und Schönheit zurück. Ihr Mann betrügt sie mit jüngeren Frauen und sie fürchtet, dass er sie eines Tages verlassen könnte. Die sagenumwobene Köchin Mei verspricht, ihr zu helfen. Mei hat früher als Gynäkologin ihren Lebensunterhalt mit Abtreibungen verdient und nun ein Rezept für eine Speise entwickelt, die Frauen angeblich verjüngen soll: Ihre geheimnisvollen Teigtaschen sind mit menschlichen Föten gefüllt. Frau Li überwindet ihre Skrupel und würgt sie voller Abscheu in sich hinein. Die Prozedur hat allerdings nicht den gewünschten Erfolg. – Der chinesische Filmemacher Fruit Chan setzt sich in seinem postfeministischen Horrorfilm Dumplings absichtsvoll geschmacklos mit Jugendwahn und Abtreibung auseinander. Dabei beweist er großen Mut, denn er verurteilt nicht das schockierende Verhalten seiner Heldinnen, sondern er sucht nach Antworten. Seine Anklage gilt der Doppelmoral und Verlogenheit einer Gesellschaft, die einerseits Abtreibung tabuisiert, andererseits so skrupellos ist, aus den "Abfällen" Kapital zu schlagen. Seine Anklage gilt auch der fragwürdigen Ethik einer patriarchalischen maroden Gesellschaft, die es als selbstverständlich hinnimmt, dass Frauen sich unter erheblichen gesundheitlichen Risiken Schönheitsoperationen unterziehen. Der Film nimmt sich auch sozialer Nöte an: In einer Szene soll Mei einem ungewollt schwangeren Mädchen aus seiner prekären Lage helfen. Die Mutter, die um den Ruf ihrer Tochter fürchtet, hat nicht genug Geld, das Mädchen in eine Abtreibungsklinik zu bringen. Mei, die nicht mehr über das nötige Instrumentarium verfügt, tut ihr Mögliches, aber auf dem Nachhauseweg stirbt das Mädchen an schweren inneren Blutungen. Dumplings ist ein beklemmender, hintergründiger Film mit drastischen, teils unappetitlichen Szenen, der in seiner Rigorosität möglicherweise auf viel Ablehnung stoßen wird, aber aufrüttelt und wichtige Fragen aufwirft.
Autor/in: Kirsten Liese, 01.08.2005