Der 16-jährige Erik wächst im Schweden der 1950er Jahre bei seiner Mutter und seinem brutalen Stiefvater auf. Bereits wegen kleinster Vergehen ist Erik die tägliche Prügelstrafe sicher und in der Klasse gibt er die erlittene Gewalt an andere weiter. Der Schule schließlich verwiesen, erhält Erik eine letzte Chance, sein Abitur zu machen, in einem Eliteinternat, das vor allem die Jungen wohlhabender Eltern besuchen. Dort geben die Älteren die ihnen zugefügten Demütigungen an die jüngeren Schüler weiter, zumal die Lehrer sich nicht einmischen und ein Selbstverwaltungssystem der Jugendlichen favorisieren, das auch körperliche Züchtigung beinhaltet. Nach Gandhis Vorbild versucht Erik mit gewaltfreiem Widerstand gegen die Ungerechtigkeiten an der Schule vorzugehen. Sein schwächerer Zimmergenosse, mit dem er sich angefreundet hat, versucht es ihm nachzumachen, scheitert jedoch kläglich. Als die älteren Schüler, die Erik nicht brechen können, sich an seinen Freund heranmachen, muss Erik eine folgenreiche Entscheidung treffen. – Evil ist die in ihrem Entstechungsland äußerst erfolgreiche Verfilmung des autobiografischen Romans von Beststellerautor Jan Guillou und wurde 2004 zudem für den Oscar als bester ausländischer Film nominiert. Was zu Beginn noch als leicht klischeehaftes Plädoyer gegen Prügelstrafe und autoritäre Schulstrukturen in längst vergangenen Zeiten wirkt, entpuppt sich bald als sehr aktuelle und äußerst differenziert geführte Reflektion über die Ursachen von Gewalt bei Jugendlichen und ihre mögliche Bekämpfung. Modellhaft und doch immer eng an den Fortgang der Handlung und die Charaktere der Protagonisten geknüpft, obendrein mit verblüffenden und überraschenden Wendungen versehen, wirft der sehenswerte und spannende Film so grundsätzliche Fragen auf: wie man Gewalt vermeiden kann, unter welchen Umständen sich gewaltfreier Widerstand realisieren lässt, ob es auch Situationen gibt, in denen der Einsatz von Gewalt gerechtfertigt scheint, und welche Handlungsalternativen jungen Menschen in entsprechenden Situationen offen stehen.
Autor/in: Holger Twele, 01.10.2004