Erasmus ist der Name eines Europareisenden aus dem 16. Jahrhundert; er steht hier für den aufregendsten Teil des Studentenlebens: ein Austauschjahr an einer Hochschule irgendwo in Europa, endlich weit weg von zu Hause, in einer ganz neuen Umgebung. So geht es auch Xavier, der Paris und seine langjährige Freundin Martine für ein Jahr unter spanischer Sonne verlässt. In Barcelona trifft er nach einigen Anlaufschwierigkeiten auf eine bunt gemischte WG, in der jeder Mitbewohner eine andere Sprache spricht, Europa auf 100 Quadratmetern. Bald teilt er sein Zimmer mit der hübschen Isabelle, die zu seiner Enttäuschung auf Frauen steht. Doch diese gibt ihm wertvolle Ratschläge im Umgang mit dem anderen Geschlecht und Xavier zögert nicht lange, sein neu erworbenes Wissen umzusetzen. – Die Mitbewohner der "L'Auberge Espagnole" machen klassische "Erasmus"-Erfahrungen in einer chaotischen Wohngemeinschaft, mit Sprachproblemen, nationalen Vorurteilen, ausschweifenden Partys, freizügigem Liebesleben und den Anrufen von zu Hause, die sich so gar nicht mit dem neuen Lebensgefühl in Einklang bringen lassen. Es ist beeindruckend, wie realistisch Cédric Klapisch diese Situationen beschreibt. Sein Protagonist ist kein seelenloser Überflieger, sondern der "ganz normale" Studienkollege von nebenan. An einigen Stellen wäre weniger jedoch mehr gewesen. Besonders am Anfang werden Bildeffekte übertrieben eingesetzt und die permanente Kommentierung des Geschehens durch Xavier aus dem Off wirkt störend. Dennoch ist es spannend zu sehen wie sich Europa im Kleinen organisiert und wie bedeutend solche Erfahrungen für das Leben sind. Xavier weiß am Ende, was er wirklich will.
Autor/in: Dinah Münchow, 01.11.2003