Der ehemalige CIA-Agent Creasy, der im Regierungsauftrag auch getötet hat, ist alkoholkrank und bekommt nur durch die Hilfe eines Ex-Kollegen einen neuen Job. In Mexiko City soll er die kleine Pita Ramos beschützen, deren reiche Eltern angesichts einer Kidnapping-Welle Angst davor haben, dass auch ihr Kind entführt wird. Nach anfänglicher Ablehnung wächst das Mädchen Creasy bald ans Herz, so dass er sich von seinen Selbstmordgedanken löst und wieder Gefallen am Leben findet. Doch dann wird Pita doch Opfer einer Entführung, wobei Creasy angeschossen wird. Kaum genesen, bricht der wütende Leibwächter zu einem Rachefeldzug auf. – Der Top Gun -Regisseur Tony Scott versteht es überzeugend, mit Hilfe vorzüglicher Schauspieler/innen wie dem zweifachen Oscar-Preisträger Denzel Washington ( Training Day ) und dem bemerkenswerten Nachwuchstalent Dakota Fanning ( I am Sam ), die prekäre Ausgangslage zu schildern. Doch nach rund einer Stunde kippt das subtile Außenseiterdrama in ein brutales Rachedrama um, das mit der Amoralität seiner Gewalteskalation an längst überwunden geglaubte Rambo -Zeiten erinnert. Auf sehr bedenkliche Weise redet Scott hier einer obsessiven Lynchjustiz-Ideologie das Wort, die den Protagonisten sogar so weit treibt, bei Folteraktionen Finger abzuschneiden und aufgespürte Kidnapper, die als Informanten "nutzlos" sind, mit Kopfschüssen hinzurichten. Die hektische Inszenierung und die häufig eingesetzte Handkamera lehnen sich in ihrem plakativen Bemühen um Realismus zwar formal an aktuelle Drogendramen wie Traffic und City of God an, Scotts überlange filmische Vergeltungs-Tour-de-Force erreicht jedoch nie deren stilistische Geschlossenheit und inhaltliche Relevanz.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.09.2004