Die in Berlin lebende schweizerische Regisseurin Dominique de Rivaz zeichnet in ihrem Debütspielfilm das fiktive Porträt zweier Ikonen der Weltgeschichte: Johann Sebastian Bach und Friedrich der Große. Inspiriert von einer wahren Begebenheit, einem einwöchigen Treffen im Mai 1747 in Potsdam, schildert der Film die spannungsreiche Begegnung zwischen dem alternden Barockkomponisten und dem machtbewussten preußischen König. Zu den wenigen Fakten, die von dem historischen Treffen überliefert sind, zählt "Das musikalische Opfer", die zweitletzte Komposition des 62-jährigen Musikers, die dieser dem 33-jährigen Monarchen widmete. Ausgangspunkt war die Aufforderung Friedrichs II. an Bach, eine Fuge zu drei oder besser noch sechs Stimmen zu einer von ihm selbst erdachten Melodie zu improvisieren. – De Rivaz und ihre Ko-Autoren nutzten die künstlerische Freiheit, indem sie zu den Eckdaten Handlungsmotive, Geschichten und Konflikte hinzudichteten und das soziale Umfeld der beiden Protagonisten ausleuchteten. Friedrich erscheint als gebildeter Aristokrat, der noch immer darunter leidet, dass sein Freund und Geliebter Katte auf Befehl seines tyrannischen Vaters hingerichtet wurde, nun aber als musizierender Machtmensch vorsätzlich seine Schwester, die schöne Prinzessin Amalie, schikaniert. Bach wird dagegen als gemütvoller Patriarch gezeichnet, der sich zwar um seine Kinder sorgt, sie aber mit seinem Ruhm fast erdrückt. Die Inszenierung illustriert die These, dass der traumatisierte König hoffte, in Bach den idealen Vater, den er niemals hatte, zu finden, während der alternde Komponist dem Monarchen die Provokation verzeiht, die ihn an die Angriffe seiner Söhne erinnert. Vadim Glowna als Bach und Jürgen Vogel als König erwecken die Figuren zu einem faszinierenden Leinwandleben und lassen den spekulativen Charakter des Arrangements rasch vergessen, zumal die dargestellte Dialektik von Macht und Kunst manchen Brückenschlag zur Gegenwart ermöglicht. Trotz Beziehungsdynamik haftet dem dialoglastigen deutsch-schweizerischen Kostümdrama aber eine gewisse Sterilität an, die vom modernen und allzu plakativen Soundtrack des belgischen Komponisten Frédéric Devreese unterstrichen wird. Bei der Verleihung der Schweizer Filmpreise 2004 wurde Mein Name ist Bach als bester Film ausgezeichnet, der erstmals vergebene Preis für die beste Nebenrolle ging an Gilles Tschudi, der Friedrichs treuen Sekretär Goltz verkörpert.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.04.2004