Tobias Lindner dokumentiert das Leben in Orania, einer Siedlung in der Wüstenregion Karoo zwischen Kapstadt und Johannesburg, wo die Apartheid auf eigentümliche Weise fortbesteht. 1990 wurde das Territorium von niederländisch- und deutschstämmigen Südafrikanern/innen privat erworben. Seither hat Orania rund 800 ausschließlich weiße Einwohner/innen. Sie wollen sich eine eigene burische Kulturheimat erschaffen und weigern sich, Teil der multi-ethnischen Rainbow Nation ("Regenbogennation") zu werden.
Drei Monate lang hat Lindner Menschen aus Orania mit der Kamera begleitet. Vorurteilsfrei und ohne Kommentare dokumentiert er in Interviewausschnitten ihre extremen Positionen und ihren Separatismus. Sie alle behaupten von sich, keine Rassisten/innen zu sein, sind jedoch der Überzeugung, dass das Ende der Apartheid für die Probleme Südafrikas verantwortlich sei. Daneben kommen auch einige schwarze Südafrikaner zu Wort, die als "Volksfremde" gelten. Die Bewohner/innen von Orania machen Geschäfte nur ihnen, die Siedlung dürfen sie jedoch nicht betreten. Zwar verzichtet
Orania auf eine wertende Haltung, zeigt aber deutlich, wie schmal der Grat zwischen Ausgrenzung und Rassismus ist.
Totalen der beeindruckenden weiten südafrikanischen Landschaft bilden einen Kontrast zur geistigen Enge der Menschen.
Mit Fragen zu extremistischen Positionen, zum Fortbestand der Segregation sowie zur kulturellen Identität berührt
Orania spannungsreiche Themen, die für viele Jugendliche interessant sind. Besonders am Beispiel eines jungen Mannes, der nach einer kriminellen Karriere in Orania einen Neuanfang wagen möchte und mit seinem unkonventionellen Auftreten immer wieder aneckt, sensibilisiert der Film für die Gefahren einer dogmatisch organisierten Gesellschaft. Im Vorfeld zum filmpädagogischen Unterricht sollten allerdings über zusätzliche Materialien oder Referate die Hintergründe zur Apartheid, zur Region und zur Geschichte der Buren erarbeitet werden, da entsprechende Vorkenntnisse vorausgesetzt werden. Im Kontext mit der Frage, warum die weißen Afrikaaner/innen andere Ethnien – insbesondere Schwarze – aus ihrer Kommune ausschließen, können Schüler/innen rassistische Grundhaltungen reflektieren und dabei auch ihre eigenen Erfahrungen einbringen.
Autor/in: Kirsten Liese, 11.06.2013
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