Als König Richard Löwenherz während eines Gefechts in Frankreich stirbt, desertiert der tapfere Bogenschütze Robin Longstride und tritt mit drei Weggefährten den Rückweg nach England an. Unterwegs rettet er Richards Krone vor feindlichen Häschern und bringt sie in den Kleidern des getöteten Kreuzritters Robert Loxley heim. Dessen greiser Vater überzeugt ihn, dauerhaft in die Rolle seines Sohns und somit auch in die des Ehemanns von Maid Marian zu schlüpfen. Später gelingt es Longstride, die zerstrittenen englischen Clans zu einen, indem er dem neuen König John das Versprechen abringt, allen Bürgern die Freiheitsrechte der Magna Carta zu gewähren. Im Finale führt er die Truppen gegen die französischen Invasoren zum Sieg, wird jedoch danach vom König geächtet.
Ridley Scotts Darstellung des Robin-Hood-Mythos erzählt die Vorgeschichte der Legende und setzt sich entschieden gegen das vor allem in klassischen Hollywoodfilmen etablierte Bild vom galanten Abenteurer ab. Das mittelalterliche Leben wird betont "realistisch", das heißt, in dunklen
Farben, deftigen ländlichen Genreszenen und grimmigen Schlachtengemälden, die sich durch eine extrem schnelle
Schnittfolge auszeichnen, gezeigt. Die detailreichen Kostüme und Bauten verstärken diesen Eindruck ebenso wie das in die
Filmmusik eingearbeitete mittelalterliche Liedgut. Auch die Kameraführung gibt sich bodenständig: Der
Blickwinkel bleibt meist auf Augenhöhe des Geschehens, weshalb es umso triumphaler wirkt, wenn sich die Kamera gegen Ende in luftige Höhen erhebt und den zur Rettung des Vaterlands eilenden Truppen den Weg weist.
Der historische Kern der Robin-Hood-Legende ist so zweifelhaft, dass die im 15. Jahrhundert entstandene Volksdichtung heute im Wesentlichen als frei erfunden gilt. Umso interessanter ist die Frage, warum die Figur des heldenhaften "Gesetzlosen" und Sozialrevolutionärs so populär und in der Folge immer wieder literarisch ausgeschmückt wurde. Die Arbeit am Mythos lässt sich sowohl im Geschichts- wie im Englischunterricht nachvollziehen. Dabei sollte sich zeigen, wie sich eine mit konkreten politischen Ideen aufgeladene Figur allmählich in einen archetypischen Charakter verwandelt. Aus filmischer Sicht ist zudem die Konstruktion eines "realistischen" Mittelalterbilds in Ridley Scotts Fassung bemerkenswert. Mit ihm distanziert er sich von "verspielten" Hollywood-Klassikern wie
Die Abenteuer des Robin Hood (The Adventures of Robin Hood, Michael Curtiz, William Keighley, USA 1938), ohne deswegen jedoch historisch korrekter zu sein.
Autor/in: Michael Kohler, 12.05.2010
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