Der große Stadtstaat Metropolis wird von Menschen und Robotern in einer streng unterteilten Gesellschaft bewohnt. Nach einem Anschlag von Anti-Roboter-Gruppierungen suchen Inspektor Shunsaku Ban und sein Kollege Ken-Ichi den abtrünnigen Wissenschaftler Dr. Laughton, um ihn zu verhaften und seine jüngste Kreation, die engelhafte Menschmaschine Tima, festzusetzen. Shunsaku bemerkt, dass sich der exzentrische Wissenschaftler ihrem Zugriff immer wieder entziehen kann. Er wird gedeckt von dem Metropolis-Herrscher Duke Red, der von dem Verlangen beherrscht ist, eine geliebte Person seiner Vergangenheit wieder aufleben zu lassen, und Tima zum maschinellen Kontrollzentrum der Welt bestimmt hat. – Mehr als ein halbes Jahrhundert mussten die Liebhaber japanischer Mangas auf die Zeichentrickadaptation des Comics "Metropolis" warten, den der legendäre Altmeister Osamu Tezuka in den 40er Jahren, inspiriert von Fritz Langs Stummfilmklassiker von 1926, verfasst hatte. Aus dem fantastischen SF-Stoff ist ein futuristisches Abenteuermärchen entstanden, das mit seinen berauschenden Bilderwelten auch bei Kinogängern jenseits der Gemeinde von Animé-Fans auf Interesse stoßen dürfte. Die gelungene Verbindung herkömmlicher Charakter-Animation mit modernen Computergrafiken wird bestimmt von einem futuristischen Design. Die Filmemacher entkleiden die androide Figur der Tima von den völkischen Ideologie-Zutaten, mit denen Lang seine Heldin verbrämt hatte. Dafür bedienen sie sich umso emsiger aus dem Schatzkästchen der Geistesgeschichte: Der antike Mythos vom Turmbau zu Babel wird ebenso zitiert wie die Fantasien der Romantiker vom Maschinenmenschen oder die ästhetischen Errungenschaften des deutschen Expressionismus. Auch gesellschaftskritische Aspekte kommen nicht zu kurz, etwa wenn wegrationalisierte Arbeiter ihren Unmut in sozialen Unruhen abreagieren. Wenn am Ende die Wolkenkratzer von Metropolis zur Musik eines Ray Charles-Evergreens vernichtet werden, fühlt man sich unwillkürlich an die Zerstörung der Twin Towers in New York erinnert.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.10.2002