Die 27-jährige gehörlose Nonne Antonia arbeitet offensichtlich zufrieden in einem Obdachlosenheim in der Stadt. Auf ihrem täglichen Weg von der Stadt zurück in ihr Kloster begegnet sie dem ebenfalls gehörlosen Mikas, der aus Osteuropa in die Schweiz gekommen ist, um sich als Taschendieb Geld zu beschaffen. Die beiden verwandten Seelen, die sich nur mit Gebärdensprache verständigen können, verlieben sich, ohne dass Antonia etwas von der wahren Identität ihres Freundes mitbekommt. Bei einem Fluchtversuch nach einem fehlgeschlagenen Diebstahl kommt Mikas ums Leben. Die aufwühlenden Erlebnisse mit ihm und die Trauer um ihn stürzen Antonia in tiefe Selbstzweifel an ihrer Berufung als Nonne. Sie möchte ein neues Leben anfangen und reist nach Washington DC, um an der renommierten Gehörlosenuniversität Gallaudet zu studieren. – Die tatsächlich taubstumme Schauspielerin Emmanuelle Laborit ist in Deutschland vor allem durch ihre Rolle der Mutter in Caroline Links Film Jenseits der Stille bekannt geworden, an den man sich bei diesem Film des Schweizer Regisseurs Christoph Schaub unweigerlich erinnert fühlt. In ihrer stets präsenten und doch unaufdringlichen Art verleiht sie der Rolle der Antonia eine Glaubwürdigkeit, die sich über den leicht anrüchig erscheinenden und oft respektlos ausgeschlachteten Topos der liebestollen Nonne erhaben zeigt und nicht zum Klischee gerät. Ein "kleiner", stiller und doch intensiver Film der Gesten und Blicke über eine unerfüllte Liebe und die Notwendigkeit, die eigenen Lebensziele immer wieder neu an der Realität und den eigenen Erfahrungen zu überprüfen.
Autor/in: Holger Twele, 01.09.2003