Ende Mai 2009 erfasst viele Iraner Euphorie und die Hoffnung auf Veränderung, denn es scheint, als könnten die Präsidentschaftswahlen eine politische Wende herbeiführen. Vor allem junge Menschen besuchen in Scharen die Kundgebungen und Wahlreden der Oppositionsführer Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karubi. Aber schon am Wahltag wird deutlich, dass die Machthaber ihren Herrschaftsanspruch mit allen Mitteln verteidigen werden. Als sich die Anhänger/innen der Opposition nicht durch gefälschte Wahlergebnisse täuschen lassen, werden sie als Feinde der islamischen Republik verfolgt, verletzt, getötet und verschleppt.
Für seine Darstellung der dramatischen Ereignisse während der so genannten Grünen Revolution verknüpft der in Deutschland lebende iranische Regisseur Ali Samadi Ahadi drei unterschiedliche gestalterische Elemente zu einem Gesamtwerk von großer emotionaler Kraft. In einer animierten fiktionalen Rahmenhandlung, die auf authentischen Blog-, Twitter- und Facebookeinträgen sowie anderen Zeugenberichten basiert, erzählen die fiktiven Studenten Azadeh und Kaveh ihre persönliche Geschichte von Hoffnung und Verzweiflung. Zwischen diese sehr realistisch gezeichneten Comics sind Handyaufnahmen aus der Zeit während der iranischen Präsidentschaftswahl geschnitten. Als drittes Element werden Exil-Iraner interviewt, deren Schilderungen die Realistik der
Animationen untermauern. Diese Collage-Technik, die keinen Hehl aus ihrer Parteilichkeit macht, nimmt das Publikum immer weiter mit in den gesellschaftlichen Albtraum hinein.
The Green Wave gibt, etwa für den Politikunterricht, einen Einblick in die Ursachen der gesellschaftlichen Konflikte im Iran zur Zeit der "Grünen Revolution". In diesem Zusammenhang bietet sich ein Vergleich zwischen filmischer Darstellung und der offiziellen Medienberichterstattung über die dortigen Machtstrukturen und damaligen Ereignisse an. Er bietet zudem gute Anknüpfungspunkte für Diskussionen über die aktuellen Ereignisse in Nordafrika und im Nahen Osten. Ein weiterer Aspekt, der im Unterricht aufgegriffen werden kann, ist die zunehmende Bedeutung moderner Kommunikationsmedien für die Verbreitung politisch relevanter Informationen. Im Deutsch- oder Kunstunterricht eignen sich zudem die außergewöhnliche Erzählweise des Films und seine Kombination filmsprachlicher Elemente für eine Strukturanalyse und einen Vergleich mit anderen politisch motivierten Gestaltungsformen.
Autor/in: Rotraut Greune, 07.02.2011
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