Der Filmemacher, Publizist und Medienwissenschaftler Lutz Hachmeister porträtiert in seiner Doku-Fiction den republikanischen US-Senator Joe McCarthy (1908-1957), der sich von 1947 bis 1954 einen Namen als berüchtigtster "Kommunistenjäger" des Kalten Krieges machte. Die Politikone, in den USA gerade von der politischen Rechten wiederentdeckt, gilt als Begründer des "McCarthyism" – der ideologielastigen Bereitschaft, eine Gesellschaft durch Massenhysterie und Beunruhigung politisch zu beeinflussen, um Minderheiten oder Andersdenkende zu diskriminieren. Hachmeister blickt hinter den Mythos McCarthy und stellt die These auf, dass nicht der CBS-Reporter Ed Murrow mit seiner kritischen Berichterstattung in dem Polit-Magazin See it Now McCarthys Niedergang einleitete, sondern der nervös gewordene Geheimdienst CIA und letztlich auch Präsident Dwight D. Eisenhower.
Die facettenreiche Doku-Fiction kombiniert Zeitzeugen-Interviews, historische Film- und TV-Aufnahmen, darunter unveröffentlichtes Archivmaterial, sowie nachgestellte Szenen mit versierten Schauspielern/innen. Diese sogenannten Reenactment-Szenen sollen vor allem mutmaßliche Geschehnisse veranschaulichen, zu denen es keine filmischen Dokumente gibt. Das gilt insbesondere für den Konflikt McCarthys mit dem Geheimdienst CIA und der Armee. Zwar sind fiktionale Aufnahmen in Farbe und historische in Schwarzweiß klar zu unterscheiden, doch bemüht sich Hachmeister, nach dem Vorbild von Oliver Stones
Nixon (USA 1995) mit einer geschickten
Montage die Grenzen zwischen
dokumentarischen und nachgestellten Szenen zu verwischen. Dieses Irritationsmoment soll gerade bei einer so historisch bekannten Figur wie McCarthy helfen, Rezeptionsmuster aufzubrechen.
Der Film macht deutlich, wie leicht in einem Klima der Bedrohung während des Kalten Krieges unterschwellige Ängste in Intoleranz und Gesinnungsschnüffelei umschlagen konnten. Damit liefert er reichlich Anschauungsmaterial für die Analyse von Ideologien im Unterricht. Der Regisseur arbeitet klar heraus, wie geschickt McCarthy die Medien für seine Zwecke instrumentalisierte und mit populistischen Parolen eine Propaganda-Kampagne gegen eine angebliche kommunistische Unterwanderung der USA inszenierte. Sein Fall verdeutlicht zugleich, wie schnell man die Gunst der Medien auch wieder verlieren kann. Hier bietet es sich im Unterricht an, Vergleiche zu modernen Politstars oder zu rechtspopulistischen Tendenzen bei den US-Republikanern zu ziehen.
Autor/in: Reinhard Kleber, 06.01.2012
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