Das Leben von André ist so eintönig wie sein schlecht bezahlter Job in der brasilianischen Industriestadt Porte Alegre: Der 20-Jährige bedient in einem Schreibwarengeschäft den Farbkopierer. André wohnt noch bei seiner Mutter und zeichnet in seiner Freizeit wilde Comics. Der schüchterne Jüngling schwärmt für die hübsche Silvia im Hochhaus gegenüber, die er jeden Abend mit dem Fernglas beobachtet. Andrés attraktive Kollegin Marines hat derweil Andrés Kumpel Cardoso den Kopf verdreht. Der Möchtegern-Casanova würde fast alles tun, um Marines zu erobern. Und André braucht dringend Geld, um bei Silvia nicht das Gesicht verlieren. Da liegt es nahe, Banknoten einfach zu kopieren. – Mit überbordender Erzähllust präsentiert der brasilianische Regisseur Jorge Furtado eine eigenwillige Kombination aus Sozialchronik, Romanze und Krimigroteske, in deren Mittelpunkt ein junger Schulabbrecher steht, der von privatem Glück und sozialem Aufstieg träumt. Der zweite lange Film des 46-Jährigen nervt mit einem penetrant geschwätzigen Off-Kommentar, überrascht dafür aber mit originellen Wechseln in Tempo und Erzählhaltung und einem bisweilen anarchischen Humor. Mit beachtlichem Einfallsreichtum verknüpft Furtado die Tagträume seines Helden mit Animationssequenzen à la "Simpsons", Split Screens und Archivbildern sowie Zitaten aus Filmkunst, Literatur und Kunstgeschichte. Zur Stilistik passt die fragmentierte Wirklichkeitssicht Andrés. Der junge Mann nimmt Literatur nur häppchenweise zu sich und kennt Shakespeare allein vom Kopierjob. Trotz dieser Halbbildung zeigt André im Film, dass er cleverer ist als zunächst erwartet. Zum Schluss hin überspannt Furtado allerdings den Bogen und untergräbt mit einem abrupten Mentalitätswandel der Figuren die Glaubwürdigkeit der zuvor entwickelten Geschichte.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.09.2005