Das mehrtägige Pariser Gastspiel einer italienischen Theatergruppe bringt amouröse Abenteuer und Beziehungskrisen mit sich. Die Schauspielerin Camille, ihr Geliebter Ugo, Camilles Ex-Freund Pierre, dessen Ehefrau Sonja sowie die Geschwister Dominique und Arthur, die Ugo bei einer Recherche kennen lernt, verstricken sich in ein Spiel von Annäherung und Verweigerung. Im Verlauf des Films werden sich diese drei Paare immer wieder in neuen Konstellationen suchen, trennen, verwirren, entwinden und sich schließlich finden. – Wie ein Bühnenwerk eine Filmhandlung auslösen und sich in ihr spiegeln kann, hat erst kürzlich Manoel de Oliveira in seinem Alterswerk Ich geh' nach Hause gezeigt. Auch in Jacques Rivettes poetischem, exquisiten Kammerspiel Va Savoir (zu deutsch "Wer weiß?") überschneidet sich die Illusion des Theaters mit der Realität des Lebens, werden Lüge und Wahrheit austauschbar. Geprobt wird Luigi Pirandellos bittere Komödie "Wie du mich willst" über ein Revuemädchen, in dem ein angesehener Bürger aus finanziellem Eigennutz seine verschollene Frau wiedererkennen will. Gleichzeitig schwingen angesichts einer ähnlichen Figurenanlage Assoziationen an Pirandellos weltbekanntes Stück "Sechs Personen auf der Suche nach einem Autor" mit. Rivette greift in seinem Film Pirandellos Idee auf, dass alles erlaubt sei, wenn man bereit ist, rückhaltlos ehrlich zu sich selbst zu sein und seine Wahrheit nicht den anderen aufzuzwingen. Intensive, farbenreiche Bilder, eine verhaltene Note, das präzise Spiel der Darsteller und ein schlüssiges Skript machen die Beziehungskomödie zu einem intelligenten, einfallsreichen und im besten Sinne höchst unterhaltsamen Meisterwerk.
Autor/in: Kirsten Liese, 01.06.2002