"Weiße Raben", so nennt man in Russland junge unerfahrene Soldaten, die zum Teil während ihres Wehrdienstes in den Tschetschenien-Krieg geschickt werden. Die Dokumentarfilmer/innen Tamara Trampe und Johann Feindt haben über drei Jahre hinweg einige dieser Jung-Veteranen bei ihren Versuchen begleitet, sich nach der Entlassung aus der Armee im Zivilleben wieder einzugliedern. Gleichsam nebenbei schildert die eindringliche Filmchronik die unermüdliche Arbeit des Komitees der Soldatenmütter, das als wichtige Anlaufstelle für die im Krieg Verstümmelten und seelisch Gezeichneten dient. – Die Kombination aus Interviewausschnitten und Alltagsbeobachtungen wird immer wieder von dokumentarischen Videoaufnahmen durchbrochen, die Soldaten im Kaukasus gedreht haben. Vor allem dieses Material durchbricht die vorherrschende Täterperspektive und bringt auch die vielen Tschetschenen ins Bild, die Opfer der blutigen "Säuberungen" werden. Die Balance zwischen Täter- und Opferperspektive gelingt allerdings nicht immer. So schlägt sich der Film beim Abschied der Filmemacherin von einem Delinquenten im Gefängnis allzu mitleidheischend auf die Seite des Täters, den mindestens zehn Jahre Haft erwarten. Insgesamt eine bewegende Dokumentation über einen sinnlosen Krieg, der im Westen fast nur noch wahrgenommen wird, wenn ein spektakulärer Anschlag verübt wird wie 2004 in Beslan.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.11.2005