Rostock 1982. Die Hafenarbeiter Cornelis und Andreas träumen davon, als Matrosen der DDR-Handelsmarine zur See zu fahren. Doch drei Jahre später sitzen sie immer noch an Land fest. Da machen ihnen Mitarbeiter der Staatssicherheit ein Angebot: Wenn sie den zur Republikflucht entschlossenen Brigadier Matze ausforschen, erhalten sie einen Posten bei der Marine. Cornelis schreckt im letzten Moment zurück, doch Andreas verrät Matze, der inhaftiert wird. Kurz darauf kommt es während eines Streits zwischen Andreas und Cornelis zu einem Unfall, in dessen Folge Andreas an den Rollstuhl gefesselt ist. Cornelis beschließt, mit seiner vietnamesischen Freundin nach Hamburg zu fliehen. Doch Andreas verrät auch sie. Während Cornelis und Matze im Gefängnis aufeinandertreffen, macht Andreas Karriere als einsamer Stasi-Spitzel.
Um das Milieu möglichst authentisch zu zeichnen, haben Regisseur Toke Constantin Hebbeln, der für
NimmerMeer (Deutschland 2006) im Jahr 2007 den Studenten-Oscar® gewonnen hatte, und sein Ko-Autor Ronny Schalk viele Interviews mit ehemaligen politischen Gefangen der DDR, Zeitzeugen/innen und Historikern/innen geführt. Das dialoggetriebene und hervorragend gespielte Kinodebüt Hebbelns spielt über weite Strecken in oft düsteren Innenräumen, in denen ruhige
Schuss-Gegenschuss-Einstellungen dominieren. Die vorwiegend blau-grauen
Farben und die fahle Ausleuchtung unterstreichen die beklemmende Atmosphäre im Unrechtsstaat DDR, in dem die mächtige Staatssicherheit Dissidenten/innen gnadenlos verfolgt und dazu die Vertrauensbasis unter Freunden/innen und Verwandten systematisch untergräbt.
In der Filmarbeit bieten sich Vergleiche mit dem deutschen Kinodrama
Barbara (Christian Petzold, Deutschland 2012) und dem Oscar®-Preisträger
Das Leben der Anderen (Florian Henckel von Donnersmarck, Deutschland 2005) an: Wie werden jeweils die Praktiken der Staatssicherheit dargestellt? Wie reagieren die Protagonisten/innen auf den Verfolgungsdruck? Im Fach Geschichte liegt es nahe, das SED-Regime und seine Machterhaltungmechanismen zu untersuchen und authentische Quellentexte mit der Umsetzung der historischen Situation im Film zu vergleichen. In Ethik und Religion liefert der Kernkonflikt zwischen Freundschaft und Verrat Anknüpfungspunkte für eine intensive Diskussion über Werte wie Vertrauen, Loyalität, Freiheit und Zivilcourage. Wo würden heute die Grenzen der individuellen Belastbarkeit liegen.
Autor/in: Reinhard Kleber, 11.09.2012
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