Indochina 1920: In den verlassenen Tempelruinen von Angkor wachsen die beiden Tigerbabys Kumal und Sangha auf. Menschen dringen in ihre Dschungel-Idylle ein, erschießen ihren Vater, um ein Haar auch ihre Mutter, der jedoch die Flucht gelingt, und trennen die Brüder. Kumal landet in einem Zirkus. Sangha wächst zunächst als Spielgefährte eines kleinen Jungen im Hause des Gouverneurs auf, kommt aber später in einen unterirdischen Bunker, wo er zu einem wilden Raubtier für Schaukämpfe abgerichtet wird. Als Kumal und Sangha zu majestätischen Tigern herangewachsen sind, treffen sie zufällig wieder aufeinander. Beide sollen in der Arena gegeneinander kämpfen. Doch die Brüder erkennen sich und flüchten in den Dschungel. – Zwei Brüder ist weit mehr als eine spannende und unterhaltsame Tier- und Familiengeschichte. Wie in seinem früheren Film Der Bär setzt sich Jean-Jacques Annaud, ideell unterstützt von der Umweltstiftung World Wide Fund for Nature (WWF), für vom Aussterben bedrohte Tiere ein. Am Beispiel der traurigen Schicksale seiner beiden Tierhelden wirft Annaud einen kritischen Blick auf die "Bestie Mensch", die Wildkatzen durch gnadenlose Wilderei ausrottet oder ihnen bestenfalls ein keineswegs artgerechtes Dasein im Zirkus zumutet. Der Film spielt zwar in der Vergangenheit, aber die Probleme sind heute noch die gleichen. Nur die Beweggründe für die Wilderei haben sich geändert: Weniger Trophäenjäger machen Tierschützern heute zu schaffen, getötet wird vor allem für die asiatische Heilmedizin, nach der Knochen, Hoden, Zähne und Barthaare von Tigern angeblich große Heilkräfte besitzen sollen, was bislang noch nicht einmal nachgewiesen werden konnte. Zudem nehmen die Menschen durch die rigide Abholzung des Regenwaldes den Raubtieren zunehmend ihren natürlichen Lebensraum. Indem Annaud die Geschichte weit gehend aus der Perspektive seiner Tierhelden erzählt und emotional stark auflädt, gelingt es ihm überdies, die Zuschauenden dafür zu sensibilisieren, Tiere als leidensfähige und schmerzempfindliche Lebewesen zu erkennen und zu achten.
Autor/in: Kirsten Liese, 01.09.2004